Es ist Montagmorgen, 8:30 Uhr, auf der Leipziger Straße vor dem Bundesrat stauen sich die Autos im Berufsverkehr. Auf dem Bürgersteig versammeln sich rund 50 Personen. Sie sind gerade aus einem Reisebus mit Mainzer Kennzeichen gestiegen und werfen, bevor sie die Eingangsschleuse betreten, einen ersten Blick auf das Portal des Bundesrates.
"Herzlich willkommen im Bundesrat. Freuen Sie sich auf eine Führung durch ein Gebäude mit großer Geschichte". Mit diesen Worten empfängt Antje Lorenz vom Besucherdienst die Gäste und führt sie in die beeindruckende Eingangshalle. Schon ergibt sich das erste Gespräch über die Historie des Hauses. In der nächsten Stunde folgen viele weitere Informationen zum Gebäude und dem Bundesrat als Verfassungsorgan, darunter die eine oder andere Anekdote sowie überraschende Fakten, von denen Antje Lorenz einige im Repertoire hat.
Die Gäste aus Mainz gehören zu den über 70.000 Besucher und Besucherinnen, die jedes Jahr in den Bundesrat kommen. Bis zu 15 Gruppen führen die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des Besucherdienstes täglich von Montag bis Freitag durch das Haus - und das nicht nur auf Deutsch, sondern auch auf Englisch, Französisch, Polnisch, Russisch, Italienisch und Dänisch.
So unterschiedlich wie die Sprachen sind auch die Interessenschwerpunkte der Besucher und Besucherinnen. "Wir bieten kein Standardprogramm. Jede Gruppe wird von uns individuell betreut" betont Antje Lorenz. Bei der Gruppe aus Mainz steht das Politische klar im Vordergrund. Es wird gezielt nach dem Gesetzgebungsverfahren und dem Abstimmungsverhalten im Bundesrat gefragt - und nach Malu Dreyer, denn die rheinland-pfälzische Ministerpräsidentin ist seit November 2016 Präsidentin des Bundesrates. Aber auch für Architektur- und Geschichtsinteressierte lohnt ein Besuch des Bundesratsgebäudes mit seiner markanten Innengestaltung und wechselvollen Geschichte.
Mehr als nur ein Vortrag
Besonders spannend ist der Besuch des Bundesrates für Schülerinnen und Schüler. Sie können nach einem Gebäuderundgang und einem Vortrag im Plenarsaal das neue Wissen sofort in die Tat umsetzen. Bei einem Rollenspiel stellen sie eine Bundesratssitzung nach und debattieren einen Gesetzentwurf zu einem Thema ihrer Wahl.
"Das Rollenspiel nehmen die Jugendlichen besonders gern an und es macht den Besuch bei uns zu einem besonderen Erlebnis" so Antje Lorenz. "Wir sind selbst immer wieder erstaunt, mit welchem Engagement die Schülerinnen und Schüler die Rolle der Politiker ausfüllen. Von der berüchtigten Politikverdrossenheit unter Jugendlichen ist hier kaum etwas zu spüren."
Rechtzeitig anmelden
Ein Besuch beim Bundesrat will geplant sein. Besichtigungen sind nur nach vorheriger Anmeldung möglich. "Unseren Termin haben wir schon vor sechs Monaten vereinbart", verrät der Reiseleiter der Gruppe aus Mainz. Nicht in jedem Fall sind so lange Vorlaufzeiten nötig. Es gilt aber auch hier "je eher desto besser", sagt Antje Lorenz. Vor allem in den Monaten Mai und Juni sei die Nachfrage sehr groß.
Blich auf die Besuchertribüne im Plenarsaal
© Bundesrat
Etwas leichter haben es Einzelbesucher. Sie können sich ggf. einer Gruppe anschließen. Aber auch sie sollten einige Tage vor ihrem Besuch Kontakt mit dem Besucherdienst aufnehmen.
Die Zeit vergeht schnell für die Besucher aus Mainz. Inzwischen ist die geplante Stunde im Bundesrat schon überschritten und noch immer gibt es neue Fragen. "Wir müssen zum Schluss kommen" ruft der Reiseleiter. Als sie wenig später das Haus verlassen, stehen die nächsten Gäste schon vor der Tür. Sie kommen aus Wittenberg in Sachsen-Anhalt.