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Europaflagge mit Gerichtshammer

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  1. Beschluss

Beschluss

Bayern fordert Vorabbeteiligung nationaler Gerichte in Kompetenzfragen

In einem Entschließungsantrag fordert Bayern einen besseren und formalisierten Austausch zwischen den obersten Gerichten der Mitgliedstaaten der EU und dem Europäischen Gerichtshof EuGH. Am 11. Februar 2022 stellte das Land seine Initiative im Bundesratsplenum vor - sie wurde zur weiteren Beratung in die Ausschüsse überwiesen.

Direkte Beteiligung der nationalen Gerichte

Es müssten Maßnahmen beraten werden, die auf eine stärkere Beachtung der Prinzipien der Subsidiarität und der begrenzten Einzelermächtigung abzielten. Dazu gehöre die Schaffung eines Europäischen Gerichtsverbundes durch eine direkte Verfahrensbeteiligung. So solle der EuGH die für Verfassungsfragen zuständigen nationalen Gerichte in wesentlichen Kompetenzfragen vorab beteiligen.

Überdies hält Bayern weitere Verbesserungen und Vereinfachungen am Verfahren der Subsidiaritätsrüge für erforderlich. Zudem gegebenenfalls auch die Einrichtung eines eigenen Kompetenzgerichtshofs und Maßnahmen, die für eine zuverlässige Beilegung von Kompetenzstreitigkeiten sorgten. Bayern erachtet es für rechtsstaatlich bedenklich, wenn der EuGH als „Richter in eigener Sache“ darüber entscheidet, ob er selbst im Rahmen seiner Kompetenzen gehandelt hat.

Hintergrund

Die Europäische Kommission hatte im Juni 2021 ein Vertragsverletzungsverfahren gegen Deutschland mit Blick auf das Urteil des Bundesverfassungsgerichts vom 5. Mai 2020 zum Anleihekaufprogramm der Europäischen Zentralbank eingeleitet - und im Dezember 2021 eingestellt. Das Verfassungsgericht hatte damals entschieden, dass eine zuvor ergangene Entscheidung des EuGH unter Überschreitung von dessen Kompetenzen („ultra vires“) ergangen war. Im Rahmen des Vertragsverletzungsverfahrens hatte Deutschland förmlich erklärt, dass es den Vorrang des EU-Rechts anerkennt und eine Wiederholung einer Ultra-vires-Feststellung künftig aktiv vermeiden wird.

Anwendungsvorrang des Europarechts

Nach dem Entschließungsantrag soll die Beendigung des Vertragsverletzungsverfahrens begrüßt und zum Ausdruck gebracht werden, dass die deutsche Verfassungsordnung den Anwendungsvorrang des Europarechts und die Entscheidungskompetenz des EuGH dem Grunde nach anerkenne.

Kritik an der Kommission

Bayern kritisiert die Unterstellung der Kommission in ihrem Bericht über die Rechtsstaatlichkeit 2021 vom 20. Juli 2021, dass das BVerfG für Bedrohungen des Rechtsstaats in anderen Mitgliedstaaten verantwortlich wäre, die derzeit Gegenstand von Verfahren seien.

Schutz der Identität der Verfassung

Bayern betont die langjährige, europafreundliche Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts, hebt aber auch hervor, dass die Europäische Union gerade kein Bundesstaat sei und ihr Handeln dem Prinzip der begrenzten Einzelermächtigung unterworfen sei. Die Organe der Europäischen Union könnten nur in dem Rahmen wirksam handeln, den die Europäischen Verträge vorgeben. Nur so weit reiche auch die Anwendungsverpflichtung europäischen Rechts durch die deutschen Verfassungsorgane, die an das Grundgesetz gebunden blieben. Aus diesen Grundsätzen leite sich die – für enge Ausnahmefälle vorbehaltene – Ultra-vires-Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts ab. Damit komme das Bundesverfassungsgericht auch seiner Aufgabe nach, die Identität der- Verfassungsordnung Deutschlands in ihrem Kern zu schützen. Diese Identität der Mitgliedstaaten erkennen die Europäischen Verträge ausdrücklich an.

Ausschussüberweisung

Die Fachausschüsse - federführend der Europaausschuss, mitberatend Innen- und Rechtsausschuss - befassen sich Ende Februar mit dem Vorschlag. Sobald die Ausschussberatungen abgeschlossen sind, kann das Plenum dann darüber abstimmen, ob es die Entschließung fasst.

Stand: 11.02.2022

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