Der Bundesrat hat in seiner heutigen Sitzung dem Zweiten Gesetz für moderne Dienstleistungen am Arbeitsmarkt ("Hartz II") zugestimmt. Zugleich wurde der in der Sitzung des Bundesrates am 29. November 2002 beim Deutschen Bundestag eingebrachte Entwurf eines Gesetzes zur Aktivierung kleiner Jobs (Kleine-Jobs-Gesetz) auf Initiative Bayerns für gegenstandslos erklärt.
Dagegen verweigerte der Bundesrat dem Ersten Gesetz für moderne Dienstleistungen am Arbeitsmarkt ("Hartz I") ebenso seine Zustimmung wie dem Gesetz zur Sicherung der Beitragssätze in der gesetzlichen Krankenversicherung und in der gesetzlichen Rentenversicherung (Beitragssatzsicherungsgesetz); beide Gesetze sind nach Auffassung des Bundesrates zustimmungsbedürftig, wurden aber vom Bundestag als so genannte Einspruchsgesetze beschlossen. Der Bundesrat legte vorsorglich gegen die beiden Gesetze Einspruch ein. Der Beitragssatzverordnung 2003, die hilfsweise für den Fall der Ablehnung des Beitragssatzsicherungsgesetzes ab 1. Januar 2003 einen Rentenversicherungsbeitragssatz in Höhe von 19,9 Prozent vorsieht, stimmte der Bundesrat ebenfalls nicht zu. Auch das zustimmungsbedürftige Zwölfte Gesetz zur Änderung des Fünften Buches Sozialgesetzbuch wurde abgelehnt. Gegen das Gesetz zur Fortentwicklung der ökologischen Steuerreform wurde Einspruch eingelegt.
Der Vermittlungsausschuss von Bundestag und Bundesrat hatte in seiner Sitzung am 5. Dezember 2002 die Beschlüsse des Deutschen Bundestages zum Gesetz zur Fortentwicklung der ökologischen Steuerreform, zum Beitragssatzsicherungsgesetz und zum Zwölften SGB V-Änderungsgesetz bestätigt. Zu den Gesetzen für moderne Dienstleistungen am Arbeitsmarkt waren in der Sitzung am 17. Dezember 2002 Änderungsempfehlungen beschlossen worden, die der Bundestag in seiner gestrigen Sitzung übernommen hat.
Mit dem Gesetz zur Fortentwicklung der ökologischen Steuerreform sollen die im Rahmen der ökologischen Steuerreform für Unternehmen des produzierenden Gewerbes und der Land- und Forstwirtschaft geschaffenen Steuerbegünstigungen abgeschmolzen werden. Künftig soll sich die Mineralölsteuer für Erdgas, bei einer Verwendung als Heizstoff, an dessen Energiegehalt orientieren. Die Mineralölsteuersätze für Flüssiggas und schweres Heizöl werden angepasst.
Das Beitragssatzsicherungsgesetz zielt darauf ab, die gesetzlichen Krankenkassen ab dem Jahr 2003 zu entlasten. Durch die im Gesetz fixierten Maßnahmen sollen ein weiterer Anstieg der Beitragssätze in der gesetzlichen Kranken- und Rentenversicherung und damit einhergehende Belastungen der Wirtschaft mit Lohnnebenkosten vermieden werden. Gleichzeitig wird für notwendige strukturelle Reformmaßnahmen in der gesetzlichen Krankenversicherung ein finanzieller Spielraum geschaffen. Im Einzelnen geht es um die Staffelung der Rabattgewährung der Apotheken an die Krankenkassen in Abhängigkeit von der Höhe der Kosten der Arzneimittel und die künftige Gewährung von Rabatten des pharmazeutischen Großhandels und der pharmazeutischen Unternehmen an die Krankenkassen für Arzneimittelabgabe zu Lasten der gesetzlichen Krankenversicherung. Die Versicherungspflichtgrenze für nicht bereits privat krankenversicherte Arbeitnehmer wird analog der Erhöhung der Beitragsbemessungsgrenze der gesetzlichen Rentenversicherung auf 75 Prozent dieses Wertes angehoben. Das Sterbegeld wird halbiert. Für Preise der zahntechnischen Leistungen wird in der gesetzlichen Krankenversicherung eine Senkung um 5 Prozent vorgegeben. Die derzeit auf 80 bis 120 Prozent einer Monatsausgabe festgelegte Mindestschwankungsreserve der Rentenversicherung wird auf 50 bis 70 Prozent abgesenkt. Die Grenze der Beitragsbemessungsgrenze soll von gegenwärtig jeweils monatlich 4.500 EURO auf 5.100 EURO in den alten und von 3.750 auf 4.250 EURO in den neuen Ländern im Jahr 2003 steigen. Durch diese Neuregelungen soll der Beitragssatz in der Rentenversicherung für das Jahr 2003 auf einem Satz von 19,5 Prozent stabilisiert werden.
Mit dem Zwölften SGB V-Änderungsgesetz sollen die hohen Steigerungen der Ausgaben der gesetzlichen Krankenversicherung bei der Versorgung mit Arzneimitteln und bei den Verwaltungsausgaben der gesetzlichen Krankenkassen auf ein vertretbares Maß begrenzt werden. Dabei geht es um die Umsetzung dreier Vorhaben: Die Verwaltungskosten der gesetzlichen Krankenkassen sollen auf dem Stand dieses Jahres eingefroren werden, so genannte Analogpräparate, also hochpreisige patentgeschützte Arzneimittel mit nur relativ geringfügig höherem Wirkungsgrad gegenüber bereits auf dem Markt befindlichen Arzneimitteln, sollen künftig wieder in die Festbetragsregelung einbezogen werden. Darüber hinaus geht es um die Verlängerung der DRG-Optionsfrist (DRG = Diagnose Related Groups) für Krankenhäuser; dies betrifft alle Kliniken, die sich nicht bis zum 31. Oktober dieses Jahres entschieden hatten, 2003 nach dem neuen DRG-System abzurechnen, denen man nun aber eine Nachmeldung bis Ende des Jahres einräumen wollte. Nur für solche "Options-Kliniken" soll es eine Ausnahme von der "Nullrunde" geben.
Beim Ersten Gesetz für moderne Dienstleistungen am Arbeitsmarkt geht es im Wesentlichen um die Neuregelung der Leiharbeit sowie der vermittlungsorientierten Arbeitnehmerüberlassung über Personal-Service-Agenturen (PSA). Der Vermittlungsausschuss hatte hier insbesondere klargestellt, dass die eigene Gründung von PSA nur als letztes Mittel in Betracht kommen soll, wenn zuvor weder ein Vertrag mit einem erlaubt tätigen Verleiher im Rahmen einer Ausschreibung noch in einem weiteren Schritt eine Beteiligung an einem Verleihunternehmen zu Stande gekommen ist. Daneben sollen Arbeitnehmer ab dem 52. Lebensjahr bis 31. Dezember 2006 (bisher 31. Dezember 2005) ohne sachlichen Befristungsgrund befristet eingestellt werden können. Außerdem stellt der vom Bundestag übernommene Vermittlungsvorschlag klar, dass vom Grundsatz der gleichen Bezahlung ("equal pay") auch dann abgewichen werden kann, wenn nicht tarifgebundene Arbeitgeber und Arbeitnehmer im Geltungsbereich eines solchen Tarifvertrages die Anwendung der tariflichen Regelungen im Arbeitsvertrag vereinbaren. Dies soll auch dann gelten, wenn nur eine Arbeitsvertragspartei nicht an den Tarifvertrag gebunden ist.
Bei dem Zweiten Gesetz für moderne Dienstleistungen am Arbeitsmarkt geht es vor allem um die so genannten Ich-AG's die "Job-Center", das Brückengeld für ältere Arbeitnehmer und die so genannten Mini-Jobs. Der vom Bundestag übernommene Kompromissvorschlag beinhaltet eine Anhebung der Grenze für geringfügig Beschäftigte von 325 EURO auf 400 EURO monatlich, eine Gleitzone von 400,01 bis 800 EURO und unterschiedliche, vom Arbeitgeber zu entrichtende Pauschalabgaben sowie die Streichung der Regelungen zum Brückengeld. Bei den Regelungen zur Ich-AG entfallen bereits beschlossene Änderungen der Handwerksordnung. Die Regelung zur Scheinselbstständigkeit, wonach unter bestimmten Voraussetzungen vermutet wird, dass eine abhängige Beschäftigung vorliegt, wird mit entsprechenden Folgeänderungen aufgehoben.
Gesetz zur Fortentwicklung der ökologischen Steuerreform
Drucksache 893/02 (Beschluss)
Gesetz zur Sicherung der Beitragssätze in der gesetzlichen Krankenversicherung und in der gesetzlichen Rentenversicherung (Beitragssatzsicherungsgesetz - BSSichG)
Drucksache 894/02 (Beschluss)
Verordnung zur Bestimmung der Beitragssätze in der gesetzlichen Rentenversicherung und der Beitragszahlung des Bundes für Kindererziehungszeiten für 2003 (Beitragssatzverordnung 2003 - BSV 2003)
Drucksache 875/02 (Beschluss)
Zwölftes Gesetz zur Änderung des Fünften Buches Sozialgesetzbuch (Zwölftes SGB V-Änderungsgesetz - 12. SGB V-ÄndG)
Drucksache 895/02 (Beschluss)
Erstes Gesetz für moderne Dienstleistungen am Arbeitsmarkt
Drucksache 933/02 (Beschluss)
Zweites Gesetz für moderne Dienstleistungen am Arbeitsmarkt
Drucksache 934/02 (Beschluss)
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