22.01.2013

in der 905. Sitzung des Bundesrates gemeinsam mit dem Präsidenten und Mitgliedern des französischen Senats Ansprache von Bundesratspräsident Winfried Kretschmann anlässlich des Jubiläums 50 Jahre Élysée-Vertrag

- Es gilt das gesprochene Wort. -

Sehr geehrter Herr Senatspräsident Bel!
Sehr geehrter Herr Präsident des Europäischen Parlaments Schulz!
Sehr geehrter Herr Kommissar Oettinger!
Sehr geehrte Vertreterinnen und Vertreter der Bundesregierung!
Sehr geehrte Damen und Herren des Senats der Französischen Republik!
Liebe Kolleginnen und Kollegen des Bundesrates!
Liebe Schülerinnen und Schüler des Deutsch-Französischen Gymnasiums Freiburg!
Sehr geehrte Damen und Herren!
Liebe Gäste!
Chers amis!

Hiermit eröffne ich die 905. Sitzung des Bundesrates, die wir als Sondersitzung aus Anlass des Jubiläums "50 Jahre Élysée-Vertrag" abhalten und zu der ich Sie alle recht herzlich willkommen heiße.

Ich freue mich, dass wir nach dem fulminanten Auftakt des deutsch-französischen Jubiläumsjahres am 22. September 2012 in Anwesenheit Seiner Exzellenz des Präsidenten der Republik Frankreich François Hollande und in Anwesenheit der Bundeskanzlerin der Bundesrepublik Deutschland Frau Dr. Angela Merkel im Ehrenhof des Schlosses Ludwigsburg mit mehreren tausend Gästen den 50. Jahrestag der bewegenden "Rede an die deutsche Jugend" des ehemaligen Staatspräsidenten Charles de Gaulle feiern konnten. Diese bedeutende Rede legte den Grundstein für die deutsch-französische Freundschaft. Sie bewegt uns heute noch.

Die Bundeshauptstadt Berlin ist heute für 24 Stunden in blau-weiß-rote und schwarz-rot-goldene Farben getaucht; denn nicht nur Bundesrat und die Vertreterinnen und Vertreter des französischen Senats, auch der Deutsche Bundestag und die Vertreterinnen und Vertreter der Assemblée nationale sowie der deutsch-französische Ministerrat feiern heute in verschiedenen Veranstaltungen dieses Jubiläum. Als Symbol der deutsch-französischen Freundschaft und als Erinnerung an den heutigen Festtag finden Sie deshalb auf Ihren Plätzen ein deutsch-französisches Freundschaftsband in den Nationalfarben der jeweiligen Länder. Das Bändchen wurde in den Werkstätten der Karlshöhe in Ludwigsburg, einer diakonischen Einrichtung für behinderte Menschen, hergestellt.

Ich freue mich, dass Sie, Exzellenz, sehr geehrter Herr Senatspräsident Bel, unserer Einladung gefolgt sind und mit dieser stattlichen Delegation nach Berlin gekommen sind. Seien Sie alle uns recht herzlich willkommen hier im Bundesrat!

Besonders freue ich mich darüber, dass zwei höchstrangige Vertreter aus Brüssel heute anwesend sind:
Mein besonders herzlicher Gruß gilt Ihnen, Exzellenz, sehr geehrter Herr Präsident des Europäischen Parlaments, Martin Schulz. Ich freue mich, dass Sie meine Einladung, hier zu uns zu sprechen, sofort angenommen haben. Wir alle freuen uns auf Ihre Festrede.

Gerne heiße ich auch meinen Vorgänger im Amt des Ministerpräsidenten von Baden-Württemberg, Herrn EU-Kommissar Günther Oettinger, willkommen, der als ehemaliger Vorsitzender der deutsch-französischen Freundschaftsgruppe sowohl dem Bundesrat als auch dem französischen Senat besonders verbunden ist.

Besonders begrüße ich aus dem Kreis der Ministerpräsidentinnen und Ministerpräsidenten unsere frisch gewählte Kollegin Malu Dreyer, die heute zum ersten Mal als Ministerpräsidentin des Landes Rheinland-Pfalz an einer Sitzung des Bundesrates teilnimmt.

Meine sehr verehrten Damen und Herren, Jubiläen haben im Kern drei Aufgaben: Es gilt zum einen Rückschau zu halten, zum anderen eine Bestandsaufnahme über das Erreichte zu machen und drittens einen Blick in die Zukunft zu werfen.Der Rückblick auf das, was der damalige Staatspräsident Charles de Gaulle und der damalige Bundeskanzler Konrad Adenauer gewagt und in die Tat umgesetzt haben, erfüllt uns alle mit Stolz und Dankbarkeit. Heute vor 50 Jahren wurde der Élysée-Vertrag unterzeichnet, der die Basis der deutsch-französischen Aussöhnung und der deutsch-französischen Freundschaft bildet. Unvergessen ist diese historische Leistung, die nach den schrecklichen Ereignissen des Zweiten Weltkriegs zwischen dem deutschen und dem französischen Volk kaum jemand für möglich gehalten hätte.

Die deutsch-französische Freundschaft ist in 50 Jahren auf einzigartige Weise gewachsen. Die regelmäßigen Konsultationen auf höchster politischer Ebene, auf parlamentarischer Ebene und auf der Ebene der Verwaltungen sind Routine und Normalfall geworden. Wo gibt es das sonst in der internationalen Staatenwelt! Ich könnte unzählige Beispiele dafür anführen, was in den vergangenen 50 Jahren auf der Basis des Élysée-Vertrags erreicht wurde. Unzählige Austausch- und Begegnungsprogramme ermöglichen Jahr für Jahr das Zusammentreffen von Deutschen und Franzosen aller Generationen.

Eine besonders verdienstvolle Rolle kommt dabei den Städten und Gemeinden in Deutschland und Frankreich zu. Sie pflegen die deutsch-französische Freundschaft in mehr als 2 200 Städtepartnerschaften. Sie bilden somit das Rückgrat unserer guten Beziehungen und halten sie lebendig. Ja, es ist nicht zu viel gesagt: Wir sind Freunde geworden.

Besonders überrascht hat mich das Ergebnis einer gemeinsamen Online-Umfrage, die der ARD-Hörfunk mit verschiedenen deutschen Sendern und Sendeanstalten und dem Fernsehsender Arte im Vorfeld des 50. Jahrestages der Unterzeichnung des Élysée-Vertrags durchgeführt hat. Die Bundesrepublik Deutschland wird dabei von den Menschen im Nachbarland vor allem als attraktiver Wirtschaftsstandort gesehen. 60 Prozent der Franzosen können es sich sogar vorstellen, in Deutschland zu arbeiten. Umgekehrt glauben 58 Prozent der Deutschen auch, dass Frankreich zusammen mit Deutschland die entscheidende politische Führungsrolle in Europa hat. Außerdem schätzen die Deutschen ganz besonders Kultur und Lebensart des Nachbarlandes und lieben Frankreich als attraktives und gastfreundliches Urlaubsland.

Die Tatsache, dass sich 25 000 Bürgerinnen und Bürger in beiden Ländern an dieser Umfrage beteiligt haben, zeigt, dass Bedeutung und Interesse an den deutsch-französischen Beziehungen nach wie vor ungebrochen sind und einen hohen Stellenwert haben.
Auch deshalb habe ich heute eine Delegation von Schülerinnen und Schülern des Deutsch-Französischen Gymnasiums Freiburg zusammen mit dem deutschen Schulleiter und der französischen Direktorin in den Bundesrat eingeladen. Euch, liebe Jugendliche, gehört die Zukunft. Ihr werdet das weitere Zusammenwachsen der europäischen Völker und Nationen erleben. Und Ihr könnt es gestalten. Ich bin davon überzeugt: Ihr werdet es nicht zulassen, dass das Rad der Geschichte in Europa jemals wieder zurückgedreht wird.

Meine sehr verehrten Damen und Herren, Deutschland und Frankreich gelten als zugkräftige Motoren in Europa. Die Erwartungen an dieses Paar sind sehr hoch – zu Recht. Denn von diesem Paar müssen auch künftig wichtige Impulse und Entwicklungen ausgehen.

Wir haben mit der Deutsch-Französischen Agenda 2020, die auf dem zwölften Ministerrat im Februar 2010 von den Regierungen beider Staaten angenommen wurde, einen 80 Projekte umfassenden Katalog, der im Laufe der nächsten Jahre mit Elan umgesetzt werden soll. Das sind unsere gemeinsamen Hausaufgaben. Ich bin mir sicher, dass alle deutschen Länder ihren politischen Beitrag zur Umsetzung der ambitionierten Agenda 2020 leisten.

Meine sehr verehrten Damen und Herren, wir werden im Laufe dieser Sondersitzung Gelegenheit haben, uns in verschiedenen Redebeiträgen über den Stand der deutsch-französischen Beziehungen auszutauschen.

Ich darf Sie nochmals sehr herzlich zu unserer Zusammenkunft aus historischem Anlass hier in Berlin begrüßen und bitte nun Sie, Exzellenz, verehrter Herr Senatspräsident Bel, um Ihr Wort. – Danke schön.

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