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- Es gilt das gesprochene Wort -
Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen,
liebe Gäste,
vor zwei Wochen saßen wir noch zusammen im Schweriner Theater, beim Festakt zum Tag der Deutschen Einheit. Das war der Höhepunkt und ein ganz besonderer Abschluss unserer Bundesratspräsidentschaft MV. 35 Jahre ist es her, dass die Menschen in Ostdeutschland Demokratie und Freiheit erkämpft haben. Gewaltlos, mutig und entschlossen. Seit 34 Jahren ist Deutschland ein vereintes Land.
Wir haben das gemeinsam gebührend gefeiert. Der gemeinsame Festakt, die Konzerte, die Diskussionen, aber vor allem die 200.000 fröhlichen, friedlichen Besucherinnen und Besucher: Dieses Fest werde ich nicht vergessen.
Es ist ein großes Glück, im vereinten Deutschland zu leben. In Frieden, Freiheit und Demokratie. Und die ostdeutschen Länder sind eine Bereicherung für unser Land. Unsere regionale Vielfalt ist unsere Stärke. Ich danke Ihnen ganz herzlich für die Mitwirkung Ihrer Länder. Die Ländermeile war ein Höhepunkt des Festes.
Es war mir eine Ehre, die 16 Länder Deutschlands ein Jahr lang vertreten zu dürfen. Und es hat mir Freude gemacht. Insgesamt konnte ich als Bundesratspräsidentin 206 Termine wahrnehmen. Ich erinnere mich an die Begegnungen mit unseren Nachbarn: mit dem französischen Präsidenten, Herrn Macron, mit König Willem-Alexander der Niederlande und dem damaligen niederländischen Ministerpräsidenten, Herrn Rutte. Mit dem Vorsitzenden der Ersten Kammer der Niederlande, Herrn Bruijn, dem Präsidenten des französischen Senats, Herrn Larcher, und der polnischen Senatsmarschallin, Frau Kidawa-Błońska.
Auch die deutsch-polnische Freundschaftsgruppe hat hier im Bundesrat getagt. Und wir haben im Bundesrat beschlossen, die deutsch-polnischen Begegnungen auszubauen. Der Bundesrat ist mit anderen Parlamenten freundschaftlich verbunden. So, wie Deutschland mit seinen Nachbarn freundschaftlich verbunden ist. Mir war es wichtig, als Bundesratspräsidentin diese nachbarschaftlichen Verbindungen zu pflegen und zu stärken.
Außerdem bin ich als erste Bundesratspräsidentin in die Ukraine gereist und habe Präsident Selenskij getroffen. Meine Reise in die Ukraine war ein Zeichen der Solidarität. Der Bundesrat hat zwei gemeinsame Entschließungen zur Unterstützung der Ukraine gefasst. Im Sinne dieser Entschließungen habe ich dort deutlich gemacht: Deutschland, auch seine 16 Länder, stehen hinter der Ukraine. Hinter ihrem Wunsch nach Frieden in Freiheit.
Wir Länder können die Ukraine mit Regionalpartnerschaften unterstützen.
Diese Regionalpartnerschaften haben wir im Jahr der Bundesratspräsidentschaft Mecklenburg-Vorpommerns ausgebaut. Ich danke Ihnen, Herr Botschafter Makejew, ganz herzlich für die gute Zusammenarbeit. Und ich bitte alle Länder, die bestehenden Regionalpartnerschaften weiter zu stärken beziehungsweise neue aufzubauen.
Eine besondere Wertschätzung war der Besuch des brasilianischen Präsidenten Lula im Bundesrat. Ich habe diesen Besuch im September erwidert und unter anderem über Klimaschutz gesprochen: in dem Land, das im nächsten Jahr Gastgeber der Weltklimakonferenz sein wird. Innerhalb und außerhalb Europas habe ich überall große Wertschätzung erfahren: Deutschland und wir Länder genießen einen guten Ruf in der Welt.
Hier in Deutschland erinnere ich mich an die Bürgerfeste in Berlin und Bonn, als wir 75 Jahre Grundgesetz gefeiert haben. Unser Grundgesetz ist eine einzigartige Erfolgsgeschichte. Dazu gehören 75 Jahre Bundesrat, die wir ebenfalls angemessen gefeiert haben. Bei allen diesen Veranstaltungen waren engagierte Bürgerinnen und Bürger dabei. Denn sie sind es, die unsere Demokratie tragen.
Ich möchte allen danken, die mir im Jahr der Bundesratspräsidentschaft geholfen haben. Allen voran den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern der Bundesratsverwaltung unter der Leitung von Frau Direktorin Dr. Rettler. Sie haben mich als Bundesratspräsidentin unterstützt und unterstützen gleichzeitig im Alltag der Bundesratsarbeit uns alle. Vielen Dank!
Mein Dank geht auch an die Vertretung des Landes Mecklenburg-Vorpommern beim Bund und an mein Team in der Staatskanzlei. Für ein kleines Land ist eine Bundesratspräsidentschaft eine besonders große Aufgabe. Es ist das Verdienst vieler kluger und engagierter Menschen, dass MV diese Aufgabe sehr gut gemeistert hat.
Sehr geehrte Damen und Herren,
ein weiterer Schwerpunkt meiner Bundesratspräsidentschaft war das Gedenken an die Opfer des Nationalsozialismus und eine klare Position gegen Antisemitismus heute. Es waren ganz besonders emotionale Momente, als ich in Amsterdam das Nationale Holocaust-Museum mit eröffnen durfte. In Auschwitz, wo ich am Europäischen Holocaust-Gedenktag für die Sinti und Roma teilgenommen habe. Oder auch in Berlin, wo ich mit meinem Kollegen Kai Wegner das Jüdische Krankenhaus besucht habe. Mit dem französischen Senatspräsidenten, Herrn Larcher, habe ich gemeinsam Kränze niedergelegt am Denkmal für die ermordeten Juden Europas in Berlin und an der Shoah-Gedenkstätte in Paris.
Deutsche haben in der Zeit des Nationalsozialismus Millionen von Menschen ermordet. Das ist nicht vergessen, weder in den Niederlanden noch in Polen noch in Frankreich, und das dürfen auch wir nicht vergessen. Unsere Generation trägt keine Verantwortung für die Verbrechen von damals. Aber wir stehen in der Verantwortung, daran zu erinnern und dafür zu sorgen, dass so etwas nie wieder passiert.
Sehr geehrte Damen und Herren,
Antisemitismus und weitere Angriffe auf unsere Demokratie sind heute immer noch und wieder aktuell. Der dritte Schwerpunkt meiner Bundesratspräsidentschaft war es, die Demokratie in Deutschland zu stärken und in den Dialog zu gehen.
Das Jahr meiner Bundesratspräsidentschaft war geprägt von mehr Polarisierung und einem Rechtsruck bei den Wahlen, die die Regierungsbildung in den Ländern schwieriger macht. Die Demokratie steht unter Druck – von innen und von außen.
Wir haben zu Beginn des Jahres allerdings auch erlebt, wie Tausende im ganzen Land gegen die rechtsextremen Pläne einer massenhaften Ausweisung von Zuwanderinnen und Zuwanderern demonstriert haben. Das war ein gutes, starkes Zeichen gegen Hass, Gewalt und Rechtsextremismus und ein Beweis dafür, dass die Demokratie in Deutschland auf eine breite und aktive Mehrheit zählen kann.
Diese Menschen müssen wir unterstützen. Wir müssen vor Ort präsent und ansprechbar sein. Dabei stelle ich immer wieder fest: Die harte Polarisierung, die wir in der politischen und gesellschaftlichen Debatte, auf den Straßen, im Netz bis hin zu Diskussionen am Abendbrottisch erleben, tut unserem Land nicht gut.
Wir müssen wieder mehr zusammenfinden. Das wünschen sich die Bürgerinnen und Bürger. Dabei ist allerdings eine klare Haltung gefragt: gegen Extremismus, Antisemitismus, Spaltung und Hetze. Für Demokratie, für Zusammenhalt und Respekt. Es kann keine Zusammenarbeit mit Kräften geben, die unsere freiheitlich-demokratische Grundordnung in Frage stellen oder gar abschaffen wollen.
Sehr geehrte Damen und Herren,
die Bundesratspräsidentschaft meines Landes Mecklenburg-Vorpommern steht unter dem Motto "Vereint Segel setzen". Deutschland steht in dieser Zeit vor großen Herausforderungen. Das ist nicht die Zeit für Parteienstreit. Wir müssen die Segel gemeinsam richtig setzen, die großen Aufgaben unseres Landes gemeinsam angehen. Der Bundesrat spielt dabei eine entscheidende Rolle. Denn er kann ein Vorbild sein, wie wir in Deutschland Politik für die Zukunft gestalten wollen. Der Bundesrat führt die Vielfalt der Regionen zusammen. Im Bundesrat finden unterschiedliche Meinungen und Interessen Ausdruck. Und der Bundesrat ist frei von Rechtspopulismus. Wir sollten alle daran arbeiten, dass das so bleibt.
Ich durfte im Jahr meiner Bundesratspräsidentschaft 11 Sitzungen leiten. Die heutige mitgezählt. Wir haben in dieser Zeit wichtige Gesetze des Bundes beraten, zum Beispiel das Wachstumschancengesetz. Wir haben eigene Initiativen der Länder eingebracht, zum Beispiel zur Organspende. Manchmal haben wir den Vermittlungsausschuss gebraucht, um uns zu einigen. Manchmal hätte ich mir mehr Entgegenkommen des Bundes gewünscht, zum Beispiel bei den Anliegen der Landwirtschaft. Aber wir haben im vergangenen Jahr unsere Arbeit gemeinsam gemeistert im Geist unseres verfassungsmäßigen Auftrags: in Zusammenarbeit, im sachlichen Austausch und im gemeinsamen Bemühen um Kompromisse und gute Lösungen.
Dafür danke ich Ihnen allen.
Sehr geehrte Damen und Herren,
es ist eine gute Tradition, dass die Bundesratspräsidentschaft jedes Jahr wechselt. So wird deutlich: Deutschland ist vielfältig. Und jedes Land ist schön und wertvoll. Wir haben in den vergangenen 12 Monaten vereint Segel gesetzt. Und wir haben dabei gleichzeitig für Mecklenburg-Vorpommern geworben, für unser schönes Land im Norden. Viele Menschen aus MV haben die Bundesratspräsidentschaft unterstützt. Auch ihnen will ich heute herzlich danken.
Ab dem 1. November übernimmt das Saarland unter dem Motto „Zukunft durch Wandel“ die Bundesratspräsidentschaft. Liebe Anke Rehlinger, eins haben wir beide schon zusammen geschafft: Wir haben die Zahl der Frauen, die die Bundesratspräsidentschaft innehatten, in zwei Jahren von zwei auf vier verdoppelt. Ich wünsche dir eine gute und erfolgreiche Bundesratspräsidentschaft und freue mich, dich ein Jahr lang als Vizepräsidentin zu unterstützen.
Als die Ostdeutschen die Mauer gestürzt haben, war ich 15 Jahre alt. Dass ich als Bundesratspräsidentin heute hier rede, steht für die Möglichkeit, Deutschland demokratisch mitzugestalten. Ich bin dankbar für ein Leben in Frieden, Freiheit und Demokratie. Unsere gemeinsame Aufgabe ist es, dass unsere Demokratie und unser Föderalismus auch in Zukunft stark bleiben. Herzlichen Dank für Ihre Unterstützung in einem ganz besonderen Jahr.
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