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Rede zum Beginn der Amtszeit "Mut verbindet": Bundesratspräsident Daniel Günther wirbt für mehr Optimismus und fordert selbstbewussten Föderalismus



Sehr geehrte Damen und Herren, liebe Kolleginnen und Kollegen,

es sind besondere Zeiten, in denen Schleswig-Holstein für ein Jahr die Bundesratspräsidentschaft übernimmt - besondere Zeiten, weil eine Reihe von Jubiläen demokratischer Institutionen und Errungenschaften vor uns liegen:
Das Frauenwahlrecht in Deutschland wurde vor 100 Jahren eingeführt. Das Grundgesetz wird 70 Jahre alt. Es jährt sich zum 30. Mal der Beginn der Friedlichen Revolution, die zum Fall der Mauer führte. Und nicht zuletzt wird unser Verfassungsorgan Bundesrat 70 Jahre alt.

Das sind besondere Anlässe, an denen es um Würdigung und Selbstvergewisserung von Demokratie, Freiheit und Rechtsstaat geht und an denen wir uns fragen: Inwieweit teilen wir bestimmte Werte und Überzeugungen? Wie konsensfähig ist unsere Gesellschaft? Wo tun sich Risse auf? Und ab welchem Spaltmaß wird es gefährlich für den Zusammenhalt in unserem Land?

Insofern sind diese Anlässe eine große Chance. Denn die Zeiten, in denen Schleswig-Holstein die Bundesratspräsidentschaft übernimmt, sind ja auch deshalb besonders, weil unsere demokratischen Gewissheiten herausgefordert werden nicht nur in Deutschland, auch in Europa. Wir stehen vor großen Herausforderungen, sind konfrontiert mit komplexen Fragen, und überall besteht die Gefahr, dass darauf die einfachen Antworten mehrheitsfähig werden und damit in aller Regel die falschen Antworten obsiegen, die gefährlichen und spaltenden Antworten.

Gleichzeitig sind diese runden Demokratie-Geburtstage eine wunderbare Chance, um wieder für mehr Zuversicht zu sorgen. Schleswig-Holstein will dazu seinen Beitrag leisten. Deshalb steht die Präsidentschaft unter dem Motto „Mut verbindet“. Weil wir in herausfordernden Zeiten nur dann etwas gemeinsam erreichen können, wenn wir gemeinsam mutig sind.

1989 brauchten die Menschen erheblichen Mut, um auf die Straßen zu gehen. Heute braucht es eigentlich weit weniger Mut, um für den Erhalt der Demokratie einzutreten. Aber genau deswegen ist es so wichtig, dass wir sie verteidigen, dass wir offen für sie einstehen. Das müssen wir gemeinsam mutig und entschlossen machen, liebe Kolleginnen und Kollegen.

Wer etwas zum Positiven verändern oder ein Ziel erreichen will, der braucht Mut und Optimismus. Wir müssen den Menschen in Deutschland Mut geben. Und wir können das auch, liebe Kolleginnen und Kollegen. Wenn wir es wollen. Es soll sich nicht der Eindruck verfestigen, die Politik befasse sich viel mit sich selbst. Das kostet uns Zuversicht und Vertrauen in die Problemlösungsfähigkeit unserer Parteiendemokratie.

Wir müssen kraftvoll zurück in die Spur kommen. Das stärkt auch unsere europäische Rolle; denn die proeuropäischen Kräfte, die es in allen EU-Staaten gibt, hoffen auf ein Deutschland, das sich für den Zusammenhalt in Europa engagiert. Das erwarten übrigens auch vier von fünf Deutschen von uns. Denn mit dieser großen Mehrheit sind die meisten Menschen für die Europäische Union. Die sagen: Europa ist eine gute Sache. So viel Zustimmung zur EU hatten wir in ganz Europa in den letzten 25 Jahren nicht.

Deswegen brauchen wir eine Politik, die den Menschen Mut macht. Wir müssen über Grenzen hinweg sachorientiert zusammenarbeiten politisch und geografisch. Das führt in Schleswig-Holstein das ist nur ein Beispiel, wie man es machen kann dazu, dass Minderheiten und Mehrheiten in unserem Land gut miteinander auskommen.

Diesen Geist wollen wir auch hier im Bundesrat stärken. Die Länderkammer ist mitentscheidendes Verfassungsorgan. Die Länder spielen im Bund eine konstruktive Rolle.

Ich gebe zu, liebe Kolleginnen und Kollegen: Das zu organisieren ist anspruchsvoller geworden in den vergangenen Jahren. 16 Länder werden in 13 verschiedenen Koalitionsmodellen regiert. Und nach den jüngsten Landtagswahlen ist klar: Es wird für die Länder nicht einfacher, mit einer Position in Bundesratsabstimmungen zu gehen.

Deswegen sollten wir in Teilen auch die Arbeitsweise unserer Länderkammer überdenken und sie so organisieren, dass wir zu gemeinsamen Positionen kommen, damit wir die Arbeitsfähigkeit unseres Verfassungsorgans erhalten. Gerade bei Stellungnahmen zu europäischen Themen müssen wir in der Lage sein, einen Konsens zu finden und zu vertreten. Unsere Arbeitsweise im Bundesrat muss mit den Ansprüchen eines komplexer gewordenen Föderalismus mithalten.

Seien wir mutig und diskutieren. Und am besten entscheiden wir. Ich bin sicher: Wenn die Länder ein starker Entscheidungsmut verbindet, dann wird das belebend auf unsere Demokratie wirken.

Wir Länder gestalten das Leben der Menschen ganz konkret über den Bundesrat mit. Wir wirken an Bundesgesetzen mit und stoßen über Bundesratsinitiativen neue Gesetze an. Daher sollte es selbstverständlich sein, dass anschließend für jeden erkennbar ist, wie welches Land abgestimmt hat. Deswegen frage ich mich, warum wir manche technische Möglichkeiten nicht nutzen - zum Beispiel mit elektronischer Abstimmung statt mit Handauszählung.

Aus meiner Sicht lohnt sich jede Debatte darüber, wie der Bundesrat in seiner Arbeit transparenter werden kann. Wie er Ausweis eines lebendigen und selbstbewussten Föderalismus bleibt. Und wie er auch dazu beitragen kann, dass von der Politik wieder mehr Zuversicht in die Zukunft ausgeht.

Liebe Kolleginnen und Kollegen, wer sich klein macht und wer verzagt ist, wird keine Aufbruchsstimmung erzeugen. Nur mit Mut lassen sich Herausforderungen meistern. Und wir haben allen Grund, mutig zu sein. Wir Deutsche haben objektiv keinen Anlass dafür, kollektiv in ein Stimmungstief zu verfallen. Das Weltwirtschaftsforum bescheinigt uns in seiner jüngsten Studie: Deutschland ist der wettbewerbsfähigste Staat in Europa. Und Deutschland ist das innovationsfreudigste Land der Welt.

Wir Deutsche können uns glücklich schätzen: Wir leben in einem Land voller Ideen. Wir wohnen in Freiheit und Wohlstand. Wenn wir positiv darüber sprechen, was gut läuft und was wir gemeinsam schaffen, dann wird uns das auch gemeinsam stärken. Was nicht heißt, dass einem jede Entscheidung gefällt. Das heißt auch nicht, dass alles perfekt ist - das mitnichten. Es ist nicht alles perfekt: Bei der Digitalisierung müssen wir aufpassen, dass wir genug Tempo machen. Die Infrastruktur haben wir in Teilen auf allen Ebenen ein Stück weit zu lange vernachlässigt. Aber: Alles ist machbar, und alles ist aufholbar.

Tatsache ist: Andere Länder beneiden uns um unser Gemeinwesen. Wir haben Gerichte, die unbestechlich arbeiten. Journalisten, die berichten und recherchieren. Wer das anerkennt und die Vorzüge des Rechtsstaats klar erklärt, der wird auch eine offene Gesellschaft verteidigen. Dafür müssen wir Mut haben, in Diskussionen gegenhalten, in denen unser System schlechtgemacht wird. Wir müssen wieder mehr miteinander reden, zuhören, argumentieren – aber auch andere Meinungen respektieren, sie auch mal aushalten und sie nicht deswegen diskreditieren. Denn die politische Mitte ist weit breiter, als sie derzeit von manchen gemacht wird. Und zwar in beide Richtungen; sonst wäre die Mitte nur noch ein Spalt. Und dann verlieren wir die Menschen, wenn sie meinen, dass sie ihre Ängste und Ansichten nicht mehr diskutieren dürfen.

Also: Halten wir ein breiteres Meinungsspektrum aus und setzen wir uns mit den Argumenten auseinander! Und halten wir mit Zukunftsoptimismus dagegen! Betonen wir die Vorzüge von Freiheit und Rechtsstaat!

Wir möchten in dieser Bundesratspräsidentschaft jenen ein Signal der Zuversicht entgegensetzen, welche den Zusammenhalt in Deutschland und auch in Europa schwächen und schlechtreden wollen.

Im kommenden Mai sind Europawahlen. Da müssen wir Mut machen, müssen den antieuropäischen Bewegungen energisch entgegentreten. Die großartige Idee eines Europas, in dem Menschen in Frieden, Freiheit und Wohlstand zusammenleben, muss gelebt, bewahrt und täglich weiter erarbeitet und erstritten werden.

Das Motto, unter das Schleswig-Holstein seine Bundesratspräsidentschaft stellt, ist ein Appell: Mut zu zeigen. Die Demokratie jeden Tag aufs Neue zu verteidigen. Die Menschen für Demokratie und Rechtsstaat zu begeistern. Und für Zuversicht zu sorgen.

Ich freue mich darauf, mit Ihnen gemeinsam in den kommenden zwölf Monaten dafür in dieser der Länderkammer zu arbeiten! - Herzlichen Dank.

Stand 23.11.2018

Mehr zur Präsidentschaft:

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