Vertrag von Lissabon im Bundesrat

Foto der Europaflagge

© European Community

Am kommenden Freitag, 15. Februar 2008, berät der Bundesrat über den Gesetzentwurf zum Vertrag von Lissabon vom 13. Dezember 2007. Damit beschäftigt sich der Bundesrat nach dem gescheiterten Verfassungsvertrag bereits zum zweiten Mal mit einem Vertragswerk, das die Handlungsfähigkeit Europas nachhaltig stärken soll. Nach der Ratifizierung durch die Mitgliedstaaten soll der Reformvertrag zum 1. Januar 2009 in Kraft treten.

Der Weg bis zur Unterzeichnung des neuen Vertragswerks am 13. Dezember 2007 in der portugiesischen Hauptstadt war lang: Nachdem der Vertrag über eine Verfassung für Europa an den ablehnenden Referenden in Frankreich und den Niederlanden im Jahre 2005 gescheitert war, brachte die deutsche Ratspräsidentschaft Anfang 2007 die Verhandlungen wieder in Gang. Im Juni 2007 verständigten sich die Staats- und Regierungschefs der 27 Mitgliedstaaten auf ein konkretes Mandat für eine Regierungskonferenz. Vier Monate später wurde der Vertragsentwurf bei einem informellen Treffen der Konferenz diskutiert. Am 13. Dezember erfolgte die feierliche Unterzeichnung in Lissabon. Als erster Staat hat Ungarn noch im Dezember letzten Jahres den Vertrag ratifiziert. Mittlerweile folgten die Länder Malta, Rumänien, Slowenien und Frankreich.

Gruppenfoto der EU-Staats- und Regierungschefs sowie EU-Außenminister nach der Unterzeichnung des EU-Reformvertrages (Vertrag von Lissabon)

Vertrag von Lissabon

© The Council of the European Union

Der Vertrag von Lissabon setzt die wesentlichen inhaltlichen Fortschritte des gescheiterten Verfassungsvertrags um, baut aber auf die Struktur der bestehenden Verträge auf. Zusätzlich werden diese um elf neue Protokolle ergänzt, die den primärrechtlichen Status der Verträge teilen. Der Reformvertrag soll die Union der 27 Staaten handlungsfähiger und demokratischer machen. Dabei bringt er einige Reformen mit sich: Zukünftig übernimmt ein hauptamtlicher Ratspräsident für zweieinhalb Jahre den Vorsitz im Rat der Staats- und Regierungschefs. Statt des ursprünglich vorgesehenen EU-Außenministers wird es zukünftig einen Hohen Repräsentanten für Außen- und Sicherheitspolitik geben. Als wichtiger Beitrag zur Transparenz tagt der Rat der Europäischen Union künftig stets öffentlich. Ab dem Jahr 2014 gilt dort das Prinzip der "doppelten Mehrheit". Entscheidungen kommen danach nur zustande, wenn 55 Prozent der Staaten, die gleichzeitig 65 Prozent der EU-Bevölkerung vertreten, zustimmen. Die Zahl der zustimmenden Mitgliedstaaten muss mindestens 15 betragen.

Auch die Position der nationalen Parlamente wird gestärkt. Von großer Bedeutung für den Bundesrat wird das im Vergleich zum Verfassungsvertrag erweiterte Subsidiaritäts-Frühwarnsystem sein. Statt sechs Wochen haben Bundestag und Bundesrat nun acht Wochen Zeit, die Subsidiaritätsrüge zu erheben. Diese Frist beginnt erst zu laufen, wenn die entsprechende Vorlage in den Amtssprachen der Union übermittelt wird. Zudem haben die nationalen Parlamente ein Klagerecht zum Europäischen Gerichtshof bei Verstößen gegen das Subsidiaritätsprinzip. An die Subsidiaritätsrüge sind stärkere Rechtsfolgen geknüpft, sofern eine Mehrheit der nationalen Parlamente diese erhebt. Bejahen der Rat oder das Europäische Parlament mehrheitlich den Verstoß, wird das Vorhaben nicht weiter verfolgt. Bereits in der Vergangenheit hatte der Bundesrat immer wieder darauf aufmerksam gemacht, dass die Kompetenzen der Mitgliedstaaten von der Gemeinschaft strikt zu beachten sind.

Foto des Vertrages auf einer Europaflagge

Vertrag von Lissabon

© The Council of the European Union

Im Gegensatz zum Verfassungsvertrag verzichtet der Reformvertrag auf staatstypische Symbole wie Flagge und Hymne. Auch der Text der Grundrechte-Charta, die die Gesamtheit der bürgerlichen, politischen, wirtschaftlichen und sozialen Rechte der Bürger garantiert, ist nicht im Vertrag enthalten. Sie wird jedoch durch einen verweisenden Artikel rechtsverbindlich. Neu eingeführt wird das Bürgerbegehren: Soweit eine Million EU-Bürger per Unterschriftenliste zu einem bestimmten Problem eine gesetzliche Regelung verlangen, muss die EU-Kommission tätig werden. Erstmals erwähnt der Vertrag die Bekämpfung des Klimawandels als ausdrückliches Primärrecht.

Im Bundesrat wird zunächst über eine Stellungnahme zu dem Gesetzentwurf beraten. Anschließend bringt die Bundesregierung den Entwurf in den Deutschen Bundestag ein. Sobald dieser das Gesetz beschlossen hat, befasst sich der Bundesrat erneut damit. Im so genannten zweiten Durchgang ist dann die Zustimmung einer Zwei-Drittel-Mehrheit der Länderstimmen erforderlich, da der Vertrag die Übertragung von Hoheitsrechten vorsieht.

Stand 12.02.2008

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