Der Dispositionsrahmen - Grenze für die Tätigkeit des Vermittlungsausschusses

Foto: Blick in eine Sitzung des Vermittlungsausschusses

© Bundesrat | 2008

In seiner Plenarsitzung am 4. Juli 2008 hat der Bundesrat unter anderem dem Gesetz zur Erhöhung des Wohngeldes und dem SGB-II-Änderungsgesetz zugestimmt. Beide Gesetze waren Teil eines politischen Kompromisses, den der Vermittlungsausschuss in seiner Sitzung am 18. Juni 2008 vorgeschlagen hat.

Der Bundesrat hatte am 23. Mai 2008 den Vermittlungsausschuss zum Wohngeldgesetz angerufen. Gegenstand der Anrufung war zum einen die Berücksichtigung der Heizkostenkomponente bei der Wohngeldberechnung. Ein weiterer Anrufungsgrund war die Beteiligung des Bundes an den Kosten der Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung.

Der Ausschuss hatte sich in seiner Sitzung am 18. Juni 2008 auf drei Punkte verständigt, die Gegenstand der Einigung sein sollen:

  • An der im Gesetzesbeschluss enthaltenen Berücksichtigung der Heizkostenkomponente bei der Wohngeldberechnung soll festgehalten werden.
  • Die bisher im Wohngeldgesetz enthaltene Regelung der Bundesbeteiligung an den Kosten der Grundsicherung soll in das SGB XII überführt und anstelle des Festbetrages soll eine prozentuale Beteiligung des Bundes vorgesehen werden.
  • Die Anpassungsformel zur Berechnung der Bundesbeteilung an den Kosten für Unterkunft und Heizung von Hartz-IV-Empfängern soll über das Jahr 2010 festgeschrieben werden, um künftig Auseinandersetzungen über die Angemessenheit und über die Berechnungsgrundlage der Kostenverteilung zu vermeiden.

Grenzen des Einigungsvorschlages

Bei dem letzten Punkt stellte sich jedoch die Frage, ob er überhaupt Gegenstand des Vermittlungsvorschlages sein konnte. Die Regelung zur Bundesbeteiligung an den Unterkunftskosten war nicht Gegenstand des Wohngeldgesetzes. Darüber hinaus ließ sich aus den Materialien zum Gesetzgebungsverfahren nicht unzweifelhaft erkennen, dass sie sonst im Verfahren zu diesem Gesetz diskutiert worden war.

Da der Vermittlungsausschuss kein eigenes Gesetzesinitiativrecht hat und nur tätig werden darf, wenn er von einem der dazu berechtigten Verfassungsorgane angerufen wird, ist auch sein Handlungsspielraum begrenzt. Er darf lediglich solche Änderungen, Ergänzungen oder Streichung im Gesetzesbeschluss vorschlagen, die sich im Rahmen des Anrufungsbegehrens und des vorangegangenen Gesetzgebungsverfahrens bewegen.

Grafik: Der Vermittlungsausschuss setzt sich aus jeweils 16 Mitgliedern des Bundesrates und des Bundestages zusammen

Zusammensetzung des Vermittlungsausschusses

Seine Aufgabe ist es, einen Kompromiss zu finden, der die politischen Meinungsverschiedenheiten zwischen Bundestag und Bundesrat in einem konkreten Gesetzgebungsverfahren ausgleicht. Der Beschlussvorschlag des Vermittlungsausschusses soll quasi als Brücke zwischen den Regelungsalternativen dienen, die bereits zuvor in den Gesetzgebungsorganen erörtert worden oder jedenfalls erkennbar geworden sind.

Verhinderung einer Entparlamentarisierung

Das Bundesverfassungsgericht hat diese Grundsätze zum so genannten Dispositionsrahmen des Vermittlungsausschusses in mehreren Entscheidungen bestätigt, zuletzt im Januar 2008. Ein Grund für diesen relativ engen Rahmen zur Kompromissfindung ist in der bundesstaatlichen Kompetenzverteilung zu sehen. Die Rechte der Abgeordneten, die Öffentlichkeit der parlamentarischen Debatte und damit auch die demokratischen Kontrolle sollen gewahrt bleiben.

Die Sitzungen des Vermittlungsausschusses sind streng vertraulich und finden unter Ausschluss der Öffentlichkeit statt. Schlägt der Ausschuss eine Änderung des Gesetzesbeschlusses des Deutschen Bundestages vor, muss dieser zwar dem Vermittlungsergebnis zustimmen. Änderungsanträge sind dann allerdings nicht mehr möglich. Alle Gesetze müssen jedoch dem Gesetzgeber - dem Deutschen Bundestag - zurechenbar sein. Deshalb können Vermittlungsvorschläge auch nicht über das hinausgehen, was für die Abgeordneten bei ihrer Beschlussfassung im Plenum als Regelungsalternative bzw. Lösungsmöglichkeit erkennbar war.

Umsetzung von politischen Kompromissen

Im vorliegenden Verfahren umfasste der formelle Einigungsvorschlag des Vermittlungsausschusses daher lediglich die prozentuale Beteiligung des Bundes an den Kosten der Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung. Dieser Teil des politischen Kompromisses war bereits Gegenstand der Debatte zum Wohngeldgesetz. Darüber hinaus haben sich die Mitglieder des Ausschusses in einer Protokollerklärung darauf verständigt, den zweiten Teil des Kompromisses - Festschreibung der Anpassungsformel zur Bundesbeteiligung an den Unterkunftskosten nach SGB II - zeitnah in einem weiteren Gesetzgebungsverfahren aufzugreifen. Damit hat der Gesetzgeber und somit auch der einzelne Abgeordneten die Möglichkeit, diesen Teil des Kompromissvorschlages im parlamentarischen Verfahren zu beraten. Das SGB-II-Änderungsgesetz, dem der Bundesrat nun zugestimmt hat, trägt diesem Anliegen noch vor der parlamentarischen Sommerpause Rechnung.

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