Es war ein ungewohnter Szenenwechsel im Bundesrat - anstelle politischer Entscheidungen und der üblichen Sitzungsriten beherrschten Musik und Literatur vergangenen Samstag den Plenarsaal. Die üblicherweise von den Regierungsvertretern der Länder besetzten Reihen waren jedoch so voll wie man es an Sitzungstagen in dem Haus gewohnt ist: Die vielen Besucher nutzten die einmalige Gelegenheit, um den Klängen der Ouvertüre an dem Ort zu lauschen, wo sie vor rund 180 Jahren erstmals zu vernehmen waren.
Felix Mendelssohn Bartholdy
Die Uraufführung des Werkes fand im Herbst des Jahres 1827 auf dem Gelände des heutigen Bundesratsgebäudes statt. Mendelssohn war 17, als er die Ouvertüre zum Sommernachtstraum von Shakespeare schrieb. Auf das Thema war er durch die Schlegel'sche Übersetzung aufmerksam geworden. Damals lebte er mit seiner Familie in der Leipziger Straße 3. Nachdem sie zuvor auf der Neuen Promenade in der Spandauer Vorstadt gewohnt hatte, zogen sie 1825 in das Reck'sche Palais nahe dem Potsdamer Tor. In dem Haus verkehrten bald bedeutende Künstler und Wissenschaftler der Zeit. So war es Treffpunkt für Chopin, die Brüder Schlegel und Humboldt, Heine, Bettina von Armin, Hegel, Weber und Carl Friedrich Zelter. Rund hundert Menschen fanden bei den Sonntagsmusiken im Gartenhaus des Palais Platz.
Sommernachtstraum im Plenarsaal des Bundesrates
© Bundesrat | Petra Lippert | 2009
Dies und vieles mehr erfuhren die Gäste der Jubiläums-Matinee bei dem Vortrag "Wo ich wohnen und wirken will - Mit Felix Mendelssohn Bartholdy unterwegs in deutschen Ländern" des Journalisten und freien Mitarbeiters des Besucherdienstes Dr. Harald Grüning. Unter dem Anblick der 16 Länderwappen des Plenarsaals und den Klängen des Orchesters verfolgten die Zuhörer den Streifzug Mendelssohns durch Deutschland. Die "Bühne" des Plenarsaals hätte als Ort für diese Inszenierung der Mendelssohnschen Geschichte besser nicht sein können.