Mit Hannelore Kraft übernimmt zum ersten Mal in der Geschichte der Bundesrepublik Deutschland eine Frau dieses hohe Amt und tritt damit die Nachfolge von 64 männlichen Präsidenten an.
Verfassungsrecht und "Gentlemen's Agreement"

Präsidenten des Bundesrates
© Bundesrat | Peter Wilke | 2010
Die hohe Zahl von Präsidenten erklärt sich aus der Vorschrift des Grundgesetzes, nach der der Bundesrat seinen Präsidenten auf ein Jahr wählt. Weshalb aber die nordrhein-westfälische Ministerpräsidentin dem Bremer Bürgermeister nachfolgt und das Amt im nächsten Jahr an den bayerischen Ministerpräsidenten weitergibt, ist verfassungsrechtlich nicht geregelt.
Diese Reihenfolge gründet vielmehr auf einem "Gentlemen's Agreement", das die Ministerpräsidenten der Länder 1950 in Königstein/Taunus geschlossen haben und das damit bereits sein 60-jähriges Jubiläum "feiert". Für die jährlich neu vorzunehmende Wahl sind die Regierungschefs in der Reihenfolge der Einwohnerzahlen ihrer Länder vorzuschlagen. Begonnen wird mit dem Land, das die meisten Einwohner stellt. Durch dieses Verfahren wollte man die Wahl von politischen Erwägungen freihalten - das Amt sollte dem Streit der Länder und der Parteien entzogen sein.

Erster Präsident aus den Neuen Ländern
© Bundesrat | Jürgen Eis
In einer Zusatzvereinbarung beschloss die Ministerpräsidenten-Konferenz 1990, auch die fünf ostdeutschen Länder in den Turnus aufzunehmen. Der erste Präsident aus den "Neuen Ländern" war Dr. Alfred Gomolka aus Mecklenburg-Vorpommern.
Nachdem der Bremer Bürgermeister im zu Ende gehenden Geschäftsjahr das kleinste Land der Bundesrepublik repräsentierte, beginnt der Turnus mit dem bevölkerungsreichsten Land nunmehr wieder von vorn.
Symbolische Amtsübergabe am Tag der Deutschen Einheit
Traditionell wird das Amt bei den Feierlichkeiten zur Deutschen Einheit am 3. Oktober symbolisch weitergegeben, obwohl die neue Präsidentschaft offiziell erst am 1. November eines jeden Jahres beginnt.

Bundesrat wählt erste Präsidentin
© Bundesrat | Jens Wiese | 2010
In diesem Jahr reichte Bürgermeister Böhrnsen den "Staffelstab" in Bremen an Ministerpräsidentin Kraft weiter. Diese sagte, dass sie mit großer Vorfreude in das Amt geht und als Frau vielleicht auch einige neue Ideen in den Bundesrat einbringen kann. In erster Linie gehe es ihr um eine Stärkung der Demokratie und der Parlamente.
Auf die Frage an Jens Böhrnsen, welchen Tipp er seiner Nachfolgerin mit auf den Weg geben könne, antwortete dieser, sie solle zunächst den Bundespräsidenten befragen, ob er zurücktreten wolle.
Aufgaben der Präsidenten
Böhrnsen spielte damit darauf an, dass er, bedingt durch den überraschenden Rücktritt von Prof. Dr. Horst Köhler am 31. Mai 2010, für einen Monat die "Rolle" des Bundespräsidenten zu übernehmen hatte.

Aufgaben des Bundesratspräsidenten
© dpa
Die Verfassung schreibt nämlich vor, dass die Befugnisse des Bundespräsidenten im Falle seiner Verhinderung oder - wie hier - bei vorzeitiger Erledigung des Amtes, durch den Präsidenten des Bundesrates wahrzunehmen sind. Neben dieser herausgehobenen Funktion gehören zu den Aufgaben der Präsidenten unter anderem die Vorbereitung und Leitung der Sitzungen des Bundesrates.
Insbesondere die Vertretung des Bundespräsidenten unterstreicht nachdrücklich den hohen Grad der Einbindung des Bundesrates in das Verfassungsleben der Bundesrepublik Deutschland.