Die Erste Kammer der Niederlande

Foto: Blick in den Sitzungssaal (c) Rijksvoorlichtingsdienst

© Rijksvoorlichtingsdienst

Auch in den Niederlanden gehen Gesetze den Weg durch zwei Parlamente. Dabei hat die "Eerste Kamer" die Funktion eines Senats und das Recht, jedes Gesetz abzulehnen. Praktisch macht sie von ihrer starken Stellung jedoch wenig Gebrauch und sieht sich eher in der Rolle einer Kontrollinstanz.

In 14 der 27 EU-Mitgliedstaaten werden Gesetze von einem Einkammerparlament beschlossen. In den anderen 13 - meist größeren - Staaten geht die Gesetzgebung von zwei unabhängigen Kammern oder Häusern aus, so wie in Deutschland von Bundestag und Bundesrat. In loser Folge stellen wir an dieser Stelle die Zweiten Kammern in der EU vor.

Altes Parlament modern vernetzt

Anders als der Name "Eerste Kamer der Staten-Generaal" suggeriert, handelt es sich bei diesem Teil des niederländischen Parlaments eigentlich um eine Zweite Kammer im engeren Sinn, also eine Institution, die man in anderen Ländern als Senat bezeichnen würde. Sie ist das Gegengewicht zur eigentlichen politischen Volksvertretung, der so genannten "Tweede Kamer der Staten Generaal".

Foto: Markus Bernet

Eerste Kamer

© Markus Bernet

Beide haben ihren Sitz im historischen Gebäude des Binnenhofs in der Hauptstadt Den Haag. Während die "Tweede Kamer" in einem modernen Teil des Komplexes untergebracht ist, residiert die "Eerste Kamer" in einem Sitzungssaal, dessen Atmosphäre in beeindruckender Weise die fast 200jährige Geschichte der Kammer vermittelt.

In dem mit roten Teppichen, goldüberladenen Verzierungen und große Gemälden ausgestatteten Raum treffen sich in der Regel jeden Dienstag die Mitglieder der Kammer zur Plenarsitzung.

Vorbereitet werden die Sitzungen in den rund 20 Ausschüssen, deren Beratungen vielfach auch nur schriftlich abgehalten werden. Die Nutzung eines Tablet PC ist dafür mittlerweile für jeden Parlamentarier obligatorisch, denn als eines der ersten Parlamente in Europa stellt die Kammer Parlamentsdokumente und Sitzungsunterlagen seit September 2011 vollständig elektronisch zur Verfügung. Auf Papier gedruckte Gesetzentwürfe, Sitzungsprotokolle usw. gehören damit der Vergangenheit an.

Revisor in der Gesetzgebung

In der praktischen Arbeit der Kammer geht es weniger um den großen politischen Diskurs als vielmehr um die gesetzgeberische Feinarbeit. So tritt sie auch erst am Ende des Gesetzgebungsverfahrens auf den Plan, also erst dann, wenn ein Gesetz bereits durch die "Tweede Kamer" verabschiedet wurde. Die Erste Kammer untersucht das Gesetz nach juristisch-technischen Aspekten und prüft die Vereinbarkeit mit bestehenden Normen und internationalem Recht.

Foto: Blick in den Sitzungssaal (c) Rijksvoorlichtingsdienst

Eerste Kamer

© Rijksvoorlichtingsdienst

Grundsätzlich kann die Kammer ein Gesetz nur vollständig ablehnen oder annehmen. Eine Möglichkeit zur Einforderung von Änderungen gibt es ebenso wenig wie das Recht zum Einbringen eigener Gesetzentwürfe. Zur Ablehnung eines Gesetzes kommt es jedoch höchst selten - und wenn, dann meist nur wegen Bedenken hinsichtlich der Umsetzbarkeit oder Ausführbarkeit der Regelungen. Bisher sind nur rund drei Prozent aller Gesetze an der Ersten Kammer gescheitert.

Das fehlende Recht zur Einbringung von Änderungswünschen kompensiert die Erste Kammer zum Teil durch das "Anhalten" von Entwürfen - also einer Drohung, diesen nicht zuzustimmen. Die Regierung kann dann eine so genannte Novelle auf den Weg bringen, in der die Änderungswünsche der Ersten Kammer enthalten sind. Findet ein solches "ergänzendes Gesetz" in der Zweiten Kammer eine Mehrheit, kann die Erste Kammer dieses zusammen mit dem ursprünglich "angehaltenen" Gesetz verabschieden.

Provinzparlamente bestimmen die Zusammensetzung

Grundsätzlich haben die niederländischen Provinzparlamente nur wenig Einfluss auf die Politik der Zentralregierung. Dennoch sind die Provinzwahlen nicht unwichtig für die Regierung in Den Haag, denn sie bestimmen über die Zusammensetzung der Ersten Kammer.

Foto: Bänke in der Ersten Kammer

Eerste Kamer

© Gerard Stolk en route / cc-by-nc

Alle vier Jahre wählen die zwölf Provinzparlamente über landeseinheitliche Listen die 75 Mitglieder der Ersten Kammer. Dies geschieht rund zwei Monate nach den Provinzwahlen, die in allen Landesteilen am gleichen Tag stattfinden. Zuletzt wurde die Erste Kammer im Mai dieses Jahres neu gewählt.

Anders als die Abgeordneten in der Zweiten Kammer sind die Mitglieder der Ersten Kammer Teilzeit-Parlamentarier, von denen rund 80 Prozent einen Hauptberuf ausüben oder andere öffentliche Ämter bekleiden. So fällt auch die Vergütung entsprechend gering aus. Sie liegt bei einem Viertel der Abgeordnetenbezüge.

Enge Beziehungen zum Bundesrat

Foto: Hannelore Kraft und René van der Linden

Eerste Kamer

© Staatskanzlei Nordrhein-Westfalen | Ralph Sondermann

Die Verbindungen zwischen dem Bundesrat und der Ersten Kammer der Niederlande sind eng. Regelmäßige gegenseitige Besuche der Parlamentspräsidenten gehören mittlerweile zur Tradition.

Zuletzt reiste Bundesratspräsidentin Hannelore Kraft im Juni 2011 nach Den Haag und traf dort mit dem damaligen Vorsitzenden der Ersten Kammer René van der Linden zusammen. Dieser wurde zuletzt im März 2010 vom früheren Bundesratspräsidenten Jens Böhrnsen in Berlin empfangen.




Stand 11.10.2011

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