Die Kommission möchte insbesondere drei Optionen erörtern. Der erste Ansatz beinhaltet den vollständigen Ersatz nationaler Emissionen durch europäische Stabilitätsanleihen mit gesamtschuldnerischer Garantie. Aus Sicht der Kommission ist diese Option am besten geeignet, die vermuteten Vorteile von Stabilitätsanleihen - wie zum Beispiel geringere Zinsbelastungen - zu realisieren. Sie berge jedoch auch die größte Gefahr einer verringerten Haushaltsdisziplin einzelner Staaten und erfordere weitreichende Vertragsänderungen.

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Nach der zweiten Möglichkeit würden die nationalen Emissionen nur teilweise ersetzt. Es bliebe jedoch bei der gesamtschuldnerischen Garantie. Dieser Ansatz sei jedoch weniger ehrgeizig und sein wirtschaftlicher und finanzieller Nutzen somit geringer.
Die dritte Option betrifft ebenfalls den nur teilweisen Ersatz der nationalen Schuldenaufnahme. Hier würden die Eurostaaten jedoch nur in Teilen haften. Aus Sicht der Kommission seien die positiven Aspekte von Stabilitätsanleihen hiermit nur in geringem Umfang realisierbar. Die beiden letztgenannten Optionen hätten aber den Vorteil, dass sie weniger oder gar keine Vertragsänderungen voraussetzen und schnell umsetzbar sind.
Ausschussberatungen machen divergierende Positionen deutlich
Die beratenden Ausschüsse haben sich in den letzten Wochen umfassend mit den Kommissionplänen auseinandergesetzt und schlagen dem Bundesrat voneinander abweichende Stellungnahmen vor.
Sie beurteilen Chancen und Risiken der Stabilitätsanleihen unterschiedlich. Der Wirtschaftsausschuss lehnt grundsätzlich alle drei Optionen ab. Er ist der Ansicht, dass Stabilitätsanleihen nicht dazu geeignet sind, das Finanzsystem des Euroraums widerstandsfähiger zu machen und somit die Stabilität des Euroraums insgesamt zu steigern. Die Schuldenproblematik des Euroraums würde durch gemeinsame Anleihen keineswegs beseitigt, sondern lediglich verschleiert. Der Ausschuss befürchtet auch, dass der Ausfall von Ländern mit Solvenzproblemen bei der Rückzahlung von aufgenommenen Krediten zu einem "Hineinwachsen" Deutschlands in die Rückzahlungsverpflichtungen führen könnte, die in ihrer Höhe die Fähigkeiten des deutschen Steuerzahlers überfordern. Zudem würde die gemeinsame Haftung aller Euro-Länder die Schuldenstaaten vor dem disziplinierenden Druck der Märkte schützen und den ökonomischen Anreiz für solide Staatsfinanzen beseitigen.
Finanzausschuss bringt auch "Deutschlandbonds" ins Spiel
Der Finanzausschuss hingegen begrüßt, dass die Kommission die Grundlage für eine Diskussion auf breiter Basis schafft. Er teilt deren Einschätzung, dass Stabilitätsanleihen sowohl Chancen als auch Risiken in sich bergen. Der Möglichkeit, hochverschuldeten Staaten über geringe Zinssätze eine finanzwirtschaftliche Unterstützung zu bieten, stehe die Gefahr nachlassender finanzpolitischer Disziplin gegenüber, welche die Haftungsrisiken der Mitgliedstaaten erhöhen könnte. Nach Auffassung des Ausschusses müsste die Einführung von Stabilitätsanleihen deshalb mit Maßnahmen einhergehen, die eine dauerhafte Rückführung der Staatsverschuldung, aber auch das Setzen von Wachstumsimpulsen und Strukturreformen in den Mitgliedstaaten beinhalten.

Eurobonds
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Der Finanzausschuss weist zudem darauf hin, dass auch die deutschen Bundesländer ungünstigeren Kreditkonditionen als der Bund ausgesetzt sind. Eine Emission von "Deutschlandbonds" unter der Führung des Bundes könnte den Ländern erhebliche Zinsvorteile sichern und einen Beitrag zur Einhaltung der Schuldenbremsen leisten. Er möchte die Bundesregierung deshalb auffordern, die Emission von "Deutschlandbonds" in Zukunft in Erwägung zu ziehen.
Welchem Ausschuss der Bundesrat letztlich folgt, bleibt abzuwarten.
Eigentlich ein "alter Hut"
Die Idee der Stabilitätsanleihen ist im Übrigen nicht neu. Das Konzept der gemeinsamen Emission wurde von den Mitgliedstaaten erstmals bereits Ende der 1990er Jahre erörtert, als die sogenannte Giovannini-Gruppe - die die Kommission hinsichtlich der Entwicklungen des Kapitalmarktes im Zusammenhang mit dem Euro beraten hat - einen entsprechenden Bericht veröffentlichte. Die Verschärfung der Staatsanleihe-Krise im Euroraum hat jedoch aktuell eine umfassende Debatte über die Durchführbarkeit gemeinsamer Emissionen ausgelöst.