Mittlerweile ist es schon Tradition, dass kurz nach Amtsantritt des neuen Bundesratspräsidenten vor allem Schülerinnen und Schüler aus dem Präsidentenland den Bundesrat in Beschlag nehmen.
Jugend im Bundesrat
© Bundesrat | Jens Wiese | 2012
Seit 2008 gibt das zweitägige Planspiel „Jugend im Bundesrat“ ihnen und weiteren Jugendlichen die Gelegenheit, Politik im Allgemeinen und Föderalismus im Besonderen hautnah und konkret zu erleben. Als „Landespolitiker auf Zeit“ beraten sie drei fiktive, aber realitätsnahe Gesetzesentwürfe mit dem Ziel, auf der Bundesebene die Interessen ihrer Länder zur Geltung zu bringen und möglichst viele inhaltliche Positionen ihrer jeweiligen Parteien durchzusetzen. Im Ringen um Mehrheiten und Kompromisse lernen sie Demokratie - ganz im Sinne des Bunderatspräsidenten Winfried Kretschmann, der dieses Projekt sehr schätzt.
Zum 5. Mal: „Jugend im Bundesrat“
Über 100 Schülerinnen und Schüler aus Gymnasien in Rutesheim und Trossingen, Stuttgart und Mannheim, Dußlingen und Freiburg i.B. in Baden-Württemberg sowie von einem Gymnasium aus Königs-Wusterhausen (Brandenburg) kommen in den Bundesrat.
Jugend im Bundesrat
© Bundesrat | Jens Wiese | 2012
Bei der Begrüßung im Plenarsaal erfahren sie, dass es jetzt darum gehen wird, Gesetzentwürfe zu den Themen Datenschutz im Internet, unterirdische Kohlendioxidspeicherung und Autobahn-Maut zu beraten. Zu ihren Rollen gehört ein Amt – zum Beispiel als Senator für Wirtschaft der Freien Hansestadt Bremen oder als Umweltministerin Hessens. „Spielort“ ist das ganze Haus des Bundesrates mit Plenarsaal und Ausschussräumen, mit Wandelhalle und Presse-Lounge.
Überraschungen
Jugend im Bundesrat
© Bundesrat | Jens Wiese | 2012
Bei der Wahl der Ministerpräsidenten gibt es erste Überraschungen: Für Baden-Württemberg übernimmt Max Zhao aus Königs-Wusterhausen diesen Posten. Mit ihm wird ein Ostdeutscher nicht nur Regierungschef im „Ländle“, sondern zugleich auch Bundesratspräsident.
Und just an dem Tag, da in Brüssel von der EU-Justizkommissarin eine Frauenquote für die Aufsichtsräte großer Firmen von 40 Prozent gefordert wird, kann „Jugend im Bundesrat“ auf 6 Ministerpräsidentinnen verweisen – bei 16 Ländern also eine Quote von 37,5 Prozent!
Zwischen Konflikt und Kompromiss
In Kabinettsitzungen, in Parteigremien und in Ausschussberatungen gilt es, die eigenen Positionen durchzusetzen, um entsprechende Änderungen an den vorliegenden Gesetzentwürfen zu erreichen. Ohne Streit geht das nicht ab, nicht alle Argumente überzeugen, Kompromisse sind zu finden, Zugeständnisse zu machen - alles unter ständigem Termindruck. Und die Medien sind immer dabei - zum Planspiel gehört stets auch ein Schüler-Journalistenteam.
Jugend im Bundesrat
© Bundesrat | Jens Wiese | 2012
Nach einem Tag intensivster Beratungen liegen 39 Ausschussempfehlungen zu diversen Änderungen der drei Gesetzentwürfe vor. Sie sind in den Landeskabinetten und in den Parteigremien zu diskutieren, letzte Verhandlungsoptionen mit anderen Ländern sind wahrzunehmen, um eventuell noch gemeinsame Anträge zu formulieren. Und die Zeit drängt: Das Abstimmungsverhalten muss Punkt für Punkt beschlossen, die Stimmführer festgelegt, die Reden für die abschließende Plenarsitzung geschrieben werden.
Das Ergebnis ist eindrucksvoll: Nach lebendigen, ja zum Teil leidenschaftlichen Debatten wird vom Bundesrat mehrheitlich eine Autobahn-Maut unterstützt, ein besserer Datenschutz im Internet gefordert und die Erprobung der CCS-Technologie zur unterirdischen Speicherung von Kohlendioxid befürwortet.
Bilanz und Ausblick
Jugend im Bundesrat
© Bundesrat | Jens Wiese | 2012
Nahezu einhelliges Fazit der Teilnehmer: Es hat viel Spaß gemacht. Toll, hier mal ausprobieren zu können, was man im Politik-Unterricht gelernt hat. Erstaunlich, wie viel Zähigkeit und Kleinarbeit hinter vermeintlich simplen Beschlüssen stecken. Spannend, sich in Sachen Argumentation mit anderen zu messen.
Da kann die Schlussfolgerung für den Bundesrat eigentlich nur lauten: Fortsetzung folgt – im nächsten Jahr dann unter der Präsidentschaft Niedersachsens.