Bundesrat verlangt flächendeckenden Mindestlohn

Foto: Ministerpräsidentin Malu Dreyer

© Bundesrat | Frank Bräuer | 2013

Wie erwartet hat sich der Bundesrat am 1. März 2013 dafür ausgesprochen, einen flächendeckenden gesetzlichen Mindestlohn in Deutschland einzuführen. Er beschloss, einen entsprechenden Gesetzentwurf beim Deutschen Bundestag einzubringen. In den nächsten drei Wochen wird sich nun zunächst die Bundesregierung mit dem Vorschlag des Bundesrates befassen, anschließend der Bundestag.

Initiatoren des Entwurfs waren die Länder Rheinland-Pfalz, Baden-Württemberg, Brandenburg, Bremen, Hamburg, Nordrhein-Westfalen, Schleswig-Holstein und Niedersachsen. Ziel der Initiative ist es, sicherzustellen, dass für alle in Deutschland vollzeitbeschäftigten Menschen ein existenzsicherndes und angemessene Teilhabe am gesellschaftlichen und soziokulturellen Leben ermöglichendes Einkommen erreichbar wird, heißt es in der Entwurfsbegründung.

Jährlich neue Festlegung

Foto: Entgeltabrechnung mit Geldstücken 8,50 Euro

Mindestlohn von 8,50 Euro

© dpa | Jens Büttner | 2013

Der Gesetzentwurf sieht einen deutschlandweiten Mindestlohn in Höhe von 8,50 Euro vor. Eine Kommission, eingerichtet vom Bundesarbeitsministerium, soll künftig den Mindestlohn jährlich neu festsetzen. Dem Gremium gehören neun Mitglieder an: Je drei Vertreter der Spitzenorganisationen von Arbeitgebern und Arbeitnehmern sowie drei weitere sachverständige Personen aus der Wissenschaft, die weder bei Arbeitgeberverbänden oder Gewerkschaften noch bei deren Spitzenorganisationen beschäftigt sind. Das Bundesarbeitsministerium müsste dem Vorschlag der Kommission zustimmen, damit der Mindestlohn gilt.

Ausführliche Plenardebatte

Vor der Abstimmung meldeten sich zahlreiche Bundesratsmitglieder zu Wort. Alle Menschen in Deutschland müssten die Sicherheit haben, von ihrem Lohn auch leben zu können, forderte Malu Dreyer (SPD), die Ministerpräsidentin von Rheinland-Pfalz. Tariflöhne von unter 4 Euro - zum Beispiel im Friseurgewerbe - seien ein warnendes Beispiel. Kritikern ihres Gesetzentwurfs hielt sie entgegen, es handele sich gerade nicht um einen politisch festgesetzten Mindestlohn, sondern um eine Entscheidung der neu einzurichtenden Kommission. Ihr Amts- und Parteikollege aus Mecklenburg-Vorpommern, Erwin Sellering, bezeichnete die Mindestsumme von 8,50 Euro als notwendige Voraussetzung für faire Verhandlungen. Die Festlegung des Mindestlohns dürfe man nicht der Tarifautonomie überlassen.

Anderer Auffassung zeigte sich Ministerpräsident Bouffier (CDU) aus Hessen: die Tarifpartner wüssten am besten, welche Summe geeignet ist. Auf die wirtschaftlichen Unterschiede in Deutschland und die unterschiedliche Leistungsfähigkeit der Bürger müsse man angemessen reagieren können. Im Übrigen warnte er davor, den Bundesrat für den Bundestagswahlkampf zu missbrauchen.

Foto: Ministerpräsidentin Christine Lieberknecht während ihres Redebeitrages

Ministerpräsidentin Christine Lieberknecht

© Bundesrat | Frank Bräuer | 2013

Auch Ministerpräsidentin Christine Lieberknecht (CDU, Thüringen) möchte die Tarifpartner die Lohnuntergrenze festlegen lassen, so wie sie dies in ihrer eigenen Gesetzesinitiative vom September 2012 bereits vorgeschlagen hatte. Sie warnte vor einem Überbietungswettkampf der Politik in Wahlkampfzeiten und appellierte, eine gemeinsame Lösung zu finden, die in Bundestag und Bundesrat gleichermaßen akzeptabel sei.

Abstimmung mit neuen Mehrheitsverhältnissen im Bundesrat

Eine große Überraschung war die anschließende Abstimmung nicht: Seit dem Regierungswechsel in Niedersachsen verfügen die von SPD und Grünen geführten Länder gemeinsam mit dem rot-rot regierten Brandenburg über 36 Stimmen und damit über die absolute Mehrheit im Bundesrat - diese liegt bei 35 Stimmen. Zwar kann nicht automatisch von der Parteizugehörigkeit der Landesregierungen auf deren Abstimmungsverhalten geschlossen werden - Landesinteressen stehen im Bundesrat traditionell vor Parteiinteressen. Da jedoch bereits acht Länder Mitantragsteller der Initiative waren und auch das Saarland frühzeitig die Unterstützung angekündigt hatte, war die absolute Mehrheit von 35 Stimmen unschwer zu erreichen.

Wie geht es nun weiter?

Als erstes wird sich die Bundesregierung mit dem Vorschlag des Bundesrates beschäftigen. Sie verfasst ihre Stellungnahme hierzu und bringt beide Dokumente in den Bundestag ein. Nachdem der Bundesrat den Entwurf als besonders eilbedürftig bezeichnet hat, ist das Verfahren etwas beschleunigt: Artikel 76 Abs. 3 des Grundgesetzes gibt der Bundesregierung drei statt der üblichen sechs Wochen Zeit für ihre Prüfung. Keinerlei Fristvorgaben hat dagegen der Deutsche Bundestag: Er kann selbst entscheiden, wie schnell er sich inhaltlich mit der Bundesratsinitiative befasst.

Stand 01.03.2013

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