Im Anschluss an das Gespräch betonte Weil, dass der Papst ein beeindruckender Gesprächspartner ist. Das aus der Öffentlichkeit bekannte Bild eines ruhigen, extrem freundlichen und geistreichen Mannes habe sich bestätigt. Inhaltlich sei es in dem Gespräch hauptsächlich um das Thema Flüchtlinge gegangen. Zudem habe der Papst angedeutet, er wünsche sich, dass Europa seine Kultur zukünftig offensiver vertritt.

Bundesratspräsident Weil übergibt das Gastgeschenk
© Torsten Lippelt
Als Gastgeschenk überreichte Weil dem Papst eine handgefertigte Schmuckkassette, die das Faksimile eines Briefes von Jesuitenpater Joachim Bouvet an Gottfried Wilhelm Leibniz vom 4. November 1701 sowie ein Blatt aus der Ming-Enzyklopädie "Sancai tuhui" enthält. Der Brief ist Teil des UNESCO-Weltdokumentenerbes.
Religion muss den Frieden unter den Menschen fördern
Im Anschluss an die Audienz kam der Bundesratspräsident mit dem für die Außenbeziehungen des Vatikan zuständigen Erzbischof Dominique Mamberti zusammen. In ihrem Gespräch über die Konfliktherde der Welt betonte Mamberti, es gebe aus seiner Sicht im Nahen Osten zurzeit eine Tendenz des Ausschließens bestimmter religiöser und kultureller Gruppen. Dies sei insgesamt ein schlechtes Zeichen und ein großer Verlust für die Region. Er wies darauf hin, dass es überall in der Welt gerade die Aufgabe gibt, die unterschiedlichen Gruppen in eine Gesellschaft zu integrieren.

Bundesratspräsident Weil bei Erzbischof Mamberti
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Der Vatikan sei auch sehr besorgt über die Situation der Christen und anderen Minderheiten im Nordirak. Man sei bemüht, einen Dialog aller religiösen Führungspersonen der ganzen Welt zu erreichen, um so auch zu einem möglichen Friedensprozess beizutragen. Religion dürfe nicht ein Grund für Gewalt und Krieg sein, sondern müsse immer dazu beitragen, den Frieden unter den Menschen zu fördern.
Weil betont Bedeutung eines aktiven Parts der katholischen Kirche
Bundesratspräsident Weil wies darauf hin, wie wichtig es aus seiner Sicht ist, dass die katholische Kirche einen aktiven Part in möglichen Deeskalationsprozessen spielt. Es sei für ihn sehr beunruhigend, dass aktuell auch junge in Deutschland aufgewachsene Menschen zum Beispiel nach Syrien in den Krieg ziehen, um dort zu kämpfen. Nach seiner Auffassung müssten die gemäßigten Kräfte im Islam gestärkt werden. Dies könne dabei helfen, wieder zu einer Situation des toleranten und normalen Miteinanders in allen Teilen der Welt zu kommen.
Zum Abschluss betonte der Bundesratspräsident die große Bedeutung des Heiligen Stuhls bei der Lösung der weltweiten gesellschaftlichen und politischen Herausforderungen.
Bereits am Morgen hatte Weil mit größtem Interesse die Vatikanischen Museen - insbesondere den Raphael Saal und die Sixtinische Kapelle - besichtigt und mit Kardinal Kurt Koch ein Gespräch über die Ökumene geführt. Hierbei unterstrich Weil seinen Wunsch nach einer weiteren Intensivierung des interreligiösen Dialogs.
Gespräch über Verfassungsreform

Bundesratspräsident Weil mit der italienischen Ministerin für Verfassungsreformen, Maria Elena Boschi
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Am Nachmittag kam der Bundesratspräsident auch mit der italienischen Ministerin für Verfassungsreformen, Maria Elena Boschi, zum politischen Meinungsaustausch zusammen. Die Ministerin erläuterte das aktuelle Verfassungsreformprojekt in Italien, das eine Abschaffung der Direktwahl in den Provinzen und weitere umfangreiche Strukturreformen beinhaltet. Zudem gehe es um eine grundlegende Justizreform und Veränderungen im Bereich der Gesetzgebungszuständigkeiten. Boschi wies insbesondere darauf hin, dass die Verfassungsänderung die bisherigen Probleme im sehr schwierigen und langandauernden Gesetzgebungsprozess überwinden soll. Bis zur eigentlichen Verfassungsänderung, die für den Sommer 2015 vorgesehen sei, sei es jedoch noch ein langer Weg.
Bundesratspräsident Weil erklärte, dass er den Mut und die Begeisterung der Regierung Renzi für die bevorstehende Reform hoch respektiert und erläuterte die Besonderheiten des deutschen Föderalismus und des Bundesrates. Insbesondere hob er hervor, dass es im Zusammenspiel der beiden Parlamentskammern in nur sehr wenigen Einzelfällen keine Einigung gibt. Eine Blockadepolitik durch den Bundesrat habe es in der deutschen Geschichte nur sehr selten und dann auch nur sehr kurz gegeben. Eine solche Politik komme auch in der Öffentlichkeit nicht gut an.
Ministerin Boschi betonte, dass sie gern das deutsche System übernommen hätte, was jedoch nicht möglich war.
Vortrag in der Italienischen Abgeordnetenkammer

Bundesratspräsident Weil bei seinem Vortrag vor der Italienisch-Deutschen Parlamentariergruppe
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Zum Abschluss seines Aufenthalts hielt Präsident Weil in der Italienischen Abgeordnetenkammer einen Vortrag vor der Italienisch-Deutschen Parlamentariergruppe über die Bedeutung des Bundesrates für die deutsche Demokratie. Hierbei hob er hervor, dass er die aktuelle Verfassungsdebatte in Italien mit großem Interesse verfolgt und hierüber erst vor zwei Wochen mit Abgeordnetenkammer-Präsidentin Laura Boldrini und Senatspräsident Pietro Grasso gesprochen hat.
Zugleich wies er jedoch darauf hin, dass die deutschen Erfahrungen mit dem Föderalismus aufgrund der Unterschiede in der Verfassungstradition und dem Staatsverständnis in beiden Ländern nicht ohne weiteres auf Italien übertragbar sind. Für Deutschland könne er jedenfalls feststellen, dass sich der Bundesrat als Verfassungsorgan in den vergangenen 65 Jahren – die wohl die besten in der deutschen Geschichte überhaupt gewesen seien – sehr bewährt hat.
Bildergalerie: Reise des Bundesratspräsidenten nach Rom
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