Warum steht eigentlich im Vorhinein fest, wer dieses wichtige Amt zukünftig übernimmt? Das Grundgesetz sagt hierzu lediglich: "Der Bundesrat wählt seinen Präsidenten auf ein Jahr." Weshalb aber der sächsische Ministerpräsident dem hessischen Ministerpräsidenten folgt und ab November nächsten Jahres Rheinland-Pfalz die Präsidentschaft inne hat, ist gesetzlich nicht festgelegt.
Historische Vereinbarung
Diese Reihenfolge gründet vielmehr auf einem "Gentlemen`s Agreement", das die Ministerpräsidenten der Länder 1950 in Königstein/Taunus geschlossen haben.

Die symbolische Schlüsselübergabe
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Hochauflösendes Bild (jpeg, 590KB)Für die jährlich neu vorzunehmende Wahl werden die Ministerpräsidenten in der Reihenfolge der Einwohnerzahlen ihrer Länder vorgeschlagen. Begonnen wird mit dem Regierungschef des Landes mit den meisten Einwohnern. Durch dieses Verfahren wollte man die Wahl des Bundesratspräsidenten von politischen Erwägungen freihalten - das Amt sollte dem Streit der Länder und der Parteien entzogen sein.
In einer Zusatzvereinbarung beschloss die Ministerpräsidenten-Konferenz 1990, auch die fünf ostdeutschen Länder in den Turnus aufzunehmen. Der erste Präsident aus den "Neuen Ländern" war Dr. Alfred Gomolka aus Mecklenburg-Vorpommern.
Symbolische Amtsübergabe zum Einheitsfest
Mittlerweile ist es zur Tradition geworden, dass die Bundesratspräsidentschaft bereits während der Feierlichkeiten am Tag der Deutschen Einheit symbolisch übergeben wird. Dazu trafen sich am 3. Oktober 2015 Amtsinhaber Bouffier und Nachfolger Tillich im Pavillon des Bundesrates auf dem Bürgerfest in Frankfurt. Mit Blick auf die anstehende Präsidentschaft sagte der sächsische Ministerpräsident: "Ich freue mich auf die Aufgabe und hoffe, das Amt, das die Vielfalt der Länder in sich vereint, gut auszufüllen. Ich möchte, dass wir in dieser Zeit Brücken bauen – zwischen Alt und Jung, zwischen Alteingesessenen und noch Fremden, zwischen Heute und Morgen, zwischen Tradition und Innovation, aber auch Brücken zwischen Bund und Ländern sowie den Regionen und Europa. Dazu brauchen wir engagierte Baumeister und gemeinsame Werte als Fundament."
Aufgaben des Präsidenten

Die Präsidentengalerie im Bundesratsgebäude
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Die Aufgaben des Präsidenten sind vielfältig. Neben der Vorbereitung und Leitung der Sitzungen des Bundesrates obliegt ihm nach der Verfassung auch die Vertretung des Bundespräsidenten, wenn dieser an der Amtsausübung gehindert ist.
Da der Bundespräsident anerkanntermaßen das Staatsoberhaupt ist, könnte man versucht sein, den Bundesratspräsidenten als "die Nummer 2" im Staat zu bezeichnen. Da es in Deutschland jedoch keine offizielle protokollarische Rangfolge gibt, welche die Rangordnung verbindlich festlegt, ist es müßig, über diese Frage zu streiten. Jedenfalls wird durch die Regelung unterstrichen, dass der Bundesrat in das Verfassungsleben der Bundesrepublik Deutschland in hohem Maße eingebunden ist.