Rückblick auf NPD-Verbotsverfahren Tillich: "Programm und Ideologie sind unzweifelhaft verfassungswidrig und verfassungsfeindlich."

Foto: Blick in den Verhandlungssaal des Bundesverfassungsgerichts in Karlsruhe (Baden-Württemberg)

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Drei Tage lang verhandelte das Bundesverfassungsgericht in Karlsruhe mündlich über den Antrag des Bundesrates zum Verbot der NPD. Erörtert wurden vom 1. bis 3. März 2016 etwaige Verfahrenshindernisse, der Maßstab und die Verhältnismäßigkeit eines Verbotes sowie die Verfassungsfeindlichkeit von Programm und Handeln der rechtsradikalen Partei.

Am Ende des mündlichen Verfahrens kommt Bundesratspräsident Tillich zu dem Schluss: "Die Verhandlung hat deutlich gemacht, dass es sich bei der NPD um eine aggressiv kämpferische und undemokratische Partei handelt."

Das Bundesverfassungsgericht thematisierte am letzten Verhandlungstag insbesondere die Wirkungskraft der Partei. Die Gefährlichkeit der NPD mit ihren rund 5200 Mitgliedern bemisst sich nach Überzeugung von Bundesratspräsident Stanislaw Tillich dabei nicht nur an ihrer Größe, sondern auch an ihren Taten. Tillich in Karlsruhe: "Die Realität ist, dass Menschen von NPD-Mitgliedern und von den mit ihnen verbundenen Kameradschaften eingeschüchtert und bedroht werden, weil sie andere politische Auffassungen vertreten." Der Staat könne und dürfe das nicht tolerieren, so der Bundesratspräsident weiter.

Dennoch habe sich der Bundesrat die Entscheidung, ob ein Verbotsantrag gestellt werden soll, nicht leicht gemacht. Man habe sich erst nach intensiver Prüfung, dann aber mit überwältigender Mehrheit für den Verbotsantrag entschieden. Die parteiübergreifende Unterstützung wurde auch durch die Anwesenheit von politischen Vertretern aus allen Ländern deutlich.

Hohe Anforderungen an Parteiverbot

Das Grundgesetz stellt hohe Anforderungen an ein Parteiverbot. Eine verfassungsfeindliche Haltung allein reicht hierfür nicht aus. Die Partei muss vielmehr anstreben, diese auch in aktiv-kämpferischer, aggressiver Weise umzusetzen. Bei der NPD sei dies sowohl im politischen Betrieb, als durch ihr Hineinwirken in andere gesellschaftliche Felder der Fall, erklärte der Bundesratspräsident in seiner abschließenden Stellungnahme.

Mit Blick auf die Repräsentanten der NPD führte er aus: "Sie arbeiten mit persönlichen Beleidigungen und Einschüchterungen jenseits einer politischen Auseinandersetzung in der Sache. Sie beschädigen die politische Atmosphäre im Land nachhaltig. Sie untergraben die Freiheit der politischen Willensbildung und politischen Betätigung anderer. Die Gesamtheit der Aktivitäten der NPD überschreiten ganz deutlich das, was man an Zumutungen in einer durchaus auch robusten Demokratie ertragen kann."

Keine Belege für V-Leute

Foto: Aktenordner

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An den ersten beiden Verhandlungstagen war es zunächst um formale Fragen gegangen. Zu Beginn des Verfahrens stellte die NPD Befangenheitsanträge gegen zwei Richter des Senats. Das Gericht wies die Anträge gegen den früheren saarländischen Ministerpräsidenten Peter Müller und den ehemaligen Thüringer Innenminister Peter Huber zurück. Auch mit einer Besetzungsrüge hatte die NPD keinen Erfolg. Sie trug am ersten Verhandlungstag außerdem vor, dass die Partei trotz gegenteiliger Darstellung des Bundesrates weiter von Spitzeln des Verfassungsschutzes durchsetzt sein könnte – es bestehe ein Verfahrenshindernis.

Bundesratspräsident Tillich sagte hierzu: "Es ist die Strategie der NPD, das Verfahren zu unterbinden."

Am Mittwochvormittag erklärte Gerichtspräsident Andreas Voßkuhle, es gebe für die Behauptung der NPD, die Partei sei weiterhin von V-Leuten des Verfassungsschutzes unterwandert, keine belastbaren Belege. Das Gericht sei zu dem Ergebnis gekommen, dass ein Verfahrenshindernis nach vorläufiger Einschätzung nicht vorliege. Der Senat setzte die Verhandlung fort.

Lehren aus dem ersten Verbotsantrag

Foto: Bundesratspräsident Stanislaw Tillich im Verhandlungssaal des Bundesverfassungsgerichts

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Bereits in seiner Stellungnahme am ersten Verhandlungstag erklärte Tillich: "Die Sicherstellung der Rechtsstaatlichkeit eines Verbotsverfahrens hatte von Anfang an, weit vor Antragsstellung, für alle Beteiligten die oberste Priorität. Wir haben spätestens seit dem 6. Dezember 2012 keine V-Personen mehr in den Führungsgremien der NPD."

Tillich weiter: "Das vorgelegte Beweismaterial stammt nicht von V-Personen. Alle Belege können der NPD zweifelsfrei selbst zugeordnet werden. All das wurde von den Sicherheitsbehörden durch aufwändige Verfahren intensiv überprüft und von den Innenministern testiert. Die Rechtsstaatlichkeit des Verfahrens ist damit gesichert."

Ein erster Versuch, die NPD verbieten zu lassen, war 2003 gescheitert, weil die Partei bis in die Spitze hinein mit sogenannten V-Leuten des Verfassungsschutzes durchsetzt war.

Wie geht es weiter?

Nach der mündlichen Verhandlung im NPD-Verbotsverfahren wird der zweite Senat des Bundesverfassungsgerichts nun die Vorträge der drei Verhandlungstage bewerten. Neben den Prozessbevollmächtigen des Bundesrates und der NPD wurden Experten und Politiker von den Richtern befragt.

In den kommenden sechs Wochen kann die NPD weitere Schriftsätze nachreichen. Dies hatte ihr Gerichtspräsident Andreas Voßkuhle eingeräumt, da sie sich zunächst zu konkreten Vorwürfen der Verfassungsfeindlichkeit nicht äußern wollte. Falls der Senat es für erforderlich hält, kann noch eine weitere mündliche Verhandlung angesetzt werden. In der Regel dauert es mehrere Monate, bis das Bundesverfassungsgericht ein Urteil fällt.

Stand 04.03.2016

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