Diskussionsforum im Rahmen des Weimarer Dreiecks im Bundesrat Fake News, Hate Speech und Bots - Auf der Suche nach Konzepten für eine zivilisierte virtuelle Welt

Teilnehmer der ersten Diskussionsrunde

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#DemokratieInsNetz: Experten aus Frankreich, Polen und Deutschland diskutierten am 22. Oktober 2018 den Umgang mit Hate Speech, Shit Storm und Fake News im Internet. Dabei stellten sie sich unter anderem die Frage, was Politik und Gesellschaft tun können, damit die digitale Revolution auch eine zivilisierte Revolution ist.

Eröffnet wurde der grenzüberschreitende Austausch im Format des Weimarer Dreiecks durch Bundesratspräsident Michael Müller. "Die Zivilisierung der virtuellen Welt ist eine der drängendsten Aufgaben unserer Zeit", unterstrich er. "Plattformregulierung kann dabei nicht die alleinige Lösung sein. Wir müssen auch die digitale Kompetenz und digitale Zivilcourage fördern."

Das Recht darf nicht der Willkür der Unternehmen unterliegen

Dann führte Hamburgs Justizsenator und Gastgeber der Veranstaltung Till Steffen in das erste Thema ein: Hate Speech und Gemeinschaftsstandards - Konzerne als globale Gesetzgeber? "Das Recht darf nicht der Willkür der Unternehmen unterliegen", betonte er. Gerade weil ihre Gemeinschaftsstandards nicht demokratisch legitimiert seien, sollte der Versuch unternommen werden, einen supranationalen Rahmen zu schaffen, innerhalb dessen sie sich bewegen dürften. Außerdem forderte er, demokratische Elemente in die Unternehmen hineinzutragen: "Die Öffentlichkeit hat ein Recht zu erfahren, wie die Gemeinschaftsstandards zu Stande kommen!"

Blick in den Plenarsaal während der Veranstaltung

Die Veranstaltung läuft

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An dem sich anschließenden Expertenforum beteiligten sich neben Justizsenator Till Steffen, Christian Meyer-Seitz vom Bundesjustizministerium, Maria-Teresa Weber von Facebook Germany, Mikołaj Wielocha vom polnischen Social Media Portal WeMe und der Franzose Antony Colombani von Bouygues Telecoms.

Alternativen zum Löschen

Einen deutlichen Akzent in der Debatte mit dem Publikum setzte die Berliner Bevollmächtigte Sawsan Chebli: "Ich habe gestern meinen Facebook-Account gelöscht, da ich die vielen Beschimpfungen und Hassäußerungen nicht mehr monitoren konnte. Gibt es eine Alternative zum Löschen?"

v.l. Till Steffen, Maria-Teresa Weber

Maria-Teresa Weber von Facebook Germany während der ersten Podiumsdiskussion

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Maria-Teresa Weber ergriff als erste das Wort: "Helfen kann hier nur ein vielschichtiger Ansatz. Wir brauchen ein Zusammenwirken von Forschung, Löschung und Strafjustiz. Gefragt sind auch die Medienunternehmen." Es habe sich gezeigt, dass sie hassgesteuerte Diskussionen im Internet moderieren und entschärfen können.

Anzeigepflicht für soziale Netzwerke

"Hass ist Teil des Businesskonzepts von Unternehmen wie Facebook", gab Justizsenator Steffen zu bedenken. "Wir brauchen effektive Instrumente, um gegen strafrechtlich relevante Äußerungen im Netz vorzugehen". Sollte es deshalb eine Anzeigepflicht für soziale Netzwerke bei der Staatsanwaltschaft geben? Diese Frage richtete sich an den Vertreter des Bundesjustizministeriums Christian Mayer-Seitz: "Wir haben das im Zusammenhang mit dem Netzwerkdurchsetzungsgesetz intensiv diskutiert, sind aber auf massiven Widerstand gestoßen", war seine Antwort. Im Netz herrsche eine spezielle Ideologie der Freiheit. Es bräuchte deshalb zunächst einmal einen breiten gesellschaftlichen Diskurs, damit sich eine solche Idee durchsetzen kann.

Schlüssel liegt in der Bildung

Der Franzose Colombani betonte, dass bei der Debatte vor allem das Phänomen Hass im Internet als solches hinterfragt werden müsse. Dabei verweist er auf die Bedeutung der Algorithmen, die entscheidend für die Verbreitung von hate speech seien. Seiner Ansicht nach liegt der Schlüssel für die Schaffung eines zivilisierten Netzes in der Bildung und Forschung.

Die Algorithmen beherrschen

Jeanette Hofmann, Konstanty RADZIWIŁŁ, Helene Bubrowski, Bernard Benhamou

Thema der zweiten Diskussionsrunde: Künstliche Intelligenz - Gewinn oder Gefahr für freie Meinungsbildung und Demokratie?

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Wie lässt sich die Macht der Algorithmen beherrschen? Diese Frage spielte auch beim zweiten Panel der Veranstaltung eine große Rolle, bei dem es darum ging, ob künstliche Intelligenz ein Gewinn oder eine Gefahr für freie Meinungsbildung und Demokratie ist.

Als Experten diskutierten die Gründungsdirektorin des Alexander von Humboldt Instituts für Internet und Gesellschaft und Professorin für Internetpolitik an der Freien Universität Berlin, Jeanette Hoffmann, sowie der Generalsekretär des französischen Instituts für digitale Souveränität, Bernard Benhamou, und der polnische Senator Konstanty Razilwiłł.

Einig waren sie sich darin, dass es mehr Transparenz bei der Bildung von Algorithmen braucht. Kontrovers äußerten sie sich zur Frage, ob dafür eine demokratische Debatte notwendig ist. Auch die mögliche Einführung zusätzlicher Kontrollgremium wurde diskutiert. Ebenso wie die grundsätzliche Frage, ob sich der Anspruch von nicht manipulativen Algorithmen überhaupt realisieren lässt, wenn selbst staatliche Medien manipulativ wirken.

Die Macht von Fake News -was tun?

v.l. Kamil Basaj, François Pillet, Helene Bubrowski, Paolo Cesarini

Die dritte Diskussionsrunde mit Kamil Basaj, François Pillet, Helene Bubrowski, Paolo Cesarini (v.l.)

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Einen regen Austausch gab es auch beim dritten und letzten Thema der Veranstaltung: Welche Handlungsoptionen gibt es im Lichte der Meinungsfreiheit gegen Fake News? Die Diskussion im Podium führten der Generaldirektor für Kommunikationsnetzwerke, Inhalt und Technologie der Europäischen Kommission, Paolo Cesarini, Kamil Basaj von der polnischen Safe Cybercrust Foundation und der französische Senator François Pillet.

Sich der Verantwortung stellen

Bei der Debatte ging es vor allem um das Problem der Desinformation und den notwendigen Schutz der Öffentlichkeit. Intensiv diskutiert wurde auch die Frage, ob eine Selbstverpflichtung der Unternehmen ausreicht, um Fake News zu unterbinden und ob ein europäischer Lösungsansatz tatsächlich wirksam ist. Senator Pillet zeigte sich hiervon überzeugt: "Uns muss klar sein, dass das Recht weiterhin das Sagen haben muss. Deshalb brauchen wir einheitliche Definitionen und müssen unbedingt dafür sorgen, dass wir zu einer einheitlichen Gesetzgebung kommen." Eine ausgesprochen klare Haltung in einer vielschichtigen Debatte, in der noch zahlreiche Fragen offen sind, aber um Lösungen gerungen wird. Eine Französin aus dem Publikum zitierte zum Abschluss Saint-Exupery: "Wir können nicht gleichzeitig verantwortlich und verzweifelt sein."

Stand 22.10.2018

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