"Ich finde die Rede geil", erklärt Thüringens Justizministerin. Ihre Kabinettskollegin, die Ministerin für Bundes- und Europaangelegenheiten geht die Rede noch einmal durch. Der Wortlaut muss sitzen. Immerhin stellt Thüringen in der bevorstehenden Plenarsitzung einen Landesantrag zur gesetzlichen Einführung der Widerspruchslösung bei Organspenden. Das Land möchte erreichen, dass Jugendliche vor ihrem 15. Lebensjahr über Organspenden informiert werden und Schulen dazu bundesweit in der 8. und 9. Klasse einen Informationstag durchführen.
Voll bei der Sache
Dass Bildung eigentlich Ländersache sind, haben die jungen Kabinettsmitglieder nicht übersehen. "Der Bund soll den Ländern nur dazu raten", erläutert die Ministerin den Antrag ihres Landes. Aber es müsse ja sichergestellt werden, dass Jugendliche an die Infos kommen.

Beratungen in den Ausschüssen
© Bundesrat | Manuel Kämmerer
Hochauflösendes Bild (jpeg, 3MB)Die in der Ausschussempfehlung vorgeschlagene allgemeine Informationspflicht der Krankenkasse reicht nach Ansicht Thüringens nicht aus. Die Information müsste frühzeitig erfolgen. Und nicht nur über ein Schreiben der Krankenkassen, sondern auch durch die Schulen. "Es kann ja sein, dass manche Eltern ihren Kindern die Post vorenthalten," begründet Thüringen seinen Antrag. Die jungen Landespolitikerinnen und Landespolitiker sind ganz bei der Sache.
Mitstreiter gesucht
Intensiv suchen sie nach Mitstreitern für ihre unterschiedlichen Positionen. "Wir brauchen noch zwei Mitantragsteller", erklärt Bayerns Gesundheitsminister und wendet sich an seine Amtskollegin aus Mecklenburg-Vorpommern. Bayern hält von der Widerspruchslösung gar nichts. Es ist für die Zustimmungslösung und möchte sie durchsetzen. "Stellen Sie sich einmal vor, Sie sind überzeugter Christ und plötzlich Organspender. Nur weil Sie nicht widersprochen haben. Das geht nicht!"
CSU und Freie Wähler - das passt
Bei Mecklenburg-Vorpommern hat Bayern allerdings kein Glück. Dort will man die Widerspruchslösung: "Unsere Regierungskoalition steht voll dahinter. Und unsere Wählerinnen und Wähler auch", unterstreicht die dortige Gesundheitsministerin. Bayerns Gesundheitsminister lässt das weitegehend unbeeindruckt, er sucht weiter nach Gleichgesinnten. "Ein bisschen stressig ist es schon," erklärt er. Zum Glück habe er im eigenen Kabinett keine Probleme. "Die Freien Wähler und wir von der CSU sind ja fast gleich, das läuft gut zusammen!"
Keine Einigung: Hand bleibt unten
Da haben es andere Länder schwerer. "Ich finde, es macht keinen Sinn, dass wir eine Rede zu einem Punkt halten, zu dem wir uns ohnehin enthalten": Hessen konnte sich bei der Frage der Rüstungsexporte in Drittstaaten im Kabinett nicht einigen. Bei der Abstimmung im Plenum wird die Hand des Stimmenführers aus Hessen deshalb unten bleiben.
Von wegen trocken
Keine Einigung im Kabinett bedeutet Enthaltung im Bundesrat. Das ist eine der Regeln, die im Bundesratsverfahren gelten und die die Jugendlichen aus Schleswig-Holstein während der beiden Tage gelernt und selbst gelebt haben. "Es ist super, wie nah das Planspiel an der Realität ist", erklärt eine der Schülerinnen. "Ich habe es mir ehrlich gesagt viel langweiliger vorgestellt. Im Unterricht war das alles so trocken", gibt sie zu. "Drei Stunden haben sie den Bundesrat in der Schule in uns hineingeprügelt" - ein Schüler beschreibt es bildhaft. "Aber hier macht es richtig Spaß. Und man lernt extrem viel."
Es gibt ihn noch: den Vermittlungsausschuss

Wer ist dafür? Abstimmung bei der abschließenden Plenarsitzung
© Bundesrat
Hochauflösendes Bild (jpeg, 9MB)Dass die Jugendlichen das Bundesratsverfahren in den zwei Tagen verinnerlicht haben, zeigen sie auch bei der abschließenden Plenarsitzung. Souverän führt die junge Präsidentin durch die zahlreichen Abstimmungen. Am Ende erhält der Gesetzesantrag Berlins und Hamburgs zur Einführung der Fahrtauglichkeitsprüfung eine Mehrheit und es wird seit langem einmal wieder der Vermittlungsausschuss angerufen: Zur Neuregelung der Rüstungsexporte. Dass im Bundesrat alles nur durchgewinkt wird, kann man den jungen Politikerinnen und Politikern auf jeden Fall nicht vorwerfen.
Sie wollen mitreden können
Und wie stehen die Jugendlichen zur Widerspruchslösung bei der Organspende? Die Mehrheit ist dafür, möchte aber mitreden können: Der Landesantrag Thüringens setzte sich durch. Die Justizministerin des Landes hatte ganz offensichtlich recht: Die Rede ihrer Amtskollegin konnte überzeugen.
Elfte Runde mit Schleswig-Holstein
Die Teilnehmerinnen und Teilnehmer von JiB kommen immer aus dem Land, das die Bundesratspräsidentschaft innehat. Seit dem 1. November 2018 ist das Schleswig-Holstein. Fünf Schulen schickten Vertreterinnen und Vertreter in den Bundesrat, darunter die Berufliche Schule aus Elmshorn, die Dorothea-Schlözer-Schule aus Lübeck, die Friedrich-Paulsen-Schule aus Niebüll, die Johannes-Brahms-Schule aus Pinneberg und die Peter-Ustinov-Schule aus Eckernförde.